In unserem Magazin „Fußball im Rheinland“ erläutert Achim Kroth, Vizepräsident Recht, immer wieder diverse Themenstellungen. Aktuell im Fokus steht die vorzeitige Seniorenfreigabe.
Wann A-Junioren in einem Herren- oder B-Juniorinnen in einem Frauenteam mitspielen dürfen, ist klar geregelt (§ 11 Jugendordnung des FVR): So sind alle A-Junioren, die bereits volljährig (18 Jahre) sind, ohne Weiteres im Herren-Bereich spielberechtigt. Anderen A-Junioren und B-Juniorinnen des älteren Jahrgangs kann auf Antrag ebenfalls eine Spielerlaubnis für Herren- bzw. Frauenteams erteilt werden.
Problematischer ist dies für A-Junioren bzw. B-Juniorinnen des jüngeren Jahrgangs, da hier zwingende Vorgaben des DFB-Rechts zu beachten sind (§ 11 Nr.11 FVR-Jugendordnung, § 6 Nr.2 DFB-Jugendordnung). Hier gibt es zwei Möglichkeiten:
a)
Der betroffene A-Junior ist entweder Auswahlspieler im DFB- oder Landesverbandsbereich oder er besitzt eine Spielerlaubnis für einen Verein mit offiziellem Nachwuchsleistungszentrum nach § 7b DFB-Jugendordnung. In diesen Fällen kann aus Gründen der Talentförderung eine Spielerlaubnis für die erste Herrenmannschaft erteilt werden. Für die zweite Mannschaft wäre dies nur möglich, wenn diese mindestens in der Oberliga spielt.
Bei B-Juniorinnen würde eine solche Spielerlaubnis zur Talentförderung voraussetzen, dass sie mindestens vier Juniorinnen-Länderspiele haben und die Frauenmannschaft in der ersten oder zweiten Frauen-Bundesliga spielt.
b)
Der A-Junior oder die B-Juniorin des jüngeren Jahrgangs hat in seiner / ihrer Altersklasse im eigenen Verein und in der näheren Umgebung keine altersgerechte Spielmöglichkeit, und zwar auch nicht über eine Spielgemeinschaft oder eine sogenannte „Gastspielerlaubnis“. Der Begriff der „näheren Umgebung“ ist zwar nicht konkret definiert, wird aber im Bereich des Fußballverbandes Rheinland seit vielen Jahren so gehandhabt, dass der Verbandsjugendausschuss für den Bereich der A-Junioren einen Umkreis von 15 Kilometern zugrunde legt. Der FVR ist dabei sogar eher großzügig, da andere Verbände hier strenger agieren und eine Prüfung im Umkreis von 20 Kilometern vornehmen. Eine „Spielmöglichkeit in der näheren Umgebung“ besteht, wenn ein dort am Spielbetrieb teilnehmender Verein bzw. eine JSG zur Aufnahme des / der Jugendlichen in der Lage wäre und ggf. bei Bedarf auch den Transport zum Training und zu den Spielen sicherstellen kann. Dann darf keine vorzeitige Seniorenfreigabe für den „Stammverein“ erteilt werden.
Etwas problematischer ist dies bei B-Juniorinnen des jüngeren Jahrgangs, da einerseits aufgrund des DFB-Rechts die Erteilung einer vorzeitigen Freigabe für Frauenmannschaften auf Einzelfälle beschränkt bleiben muss, es andererseits aber deutlich weniger Mannschaften bei den B-Juniorinnen (aktuell circa 20) als bei den A-Junioren (aktuell circa 130) gibt. Die von mir geleitete Kommission Sportrecht hat sich mit dieser Thematik befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass in diesem aktuell deutlichen Unterschied bei den Mannschaftszahlen ein sachlicher Differenzierungsgrund liegt, sodass der zuständige Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball für den Bereich der B-Juniorinnen eine größere Entfernung als die im A-Junioren-Bereich herangezogenen 15 Kilometer zugrunde legen darf. Anderenfalls würde nämlich die Erteilung einer vorzeitigen Freigabe für B-Juniorinnen zum Regelfall, was mit dem DFB-Recht nicht vereinbar wäre. Für sämtliche Fälle gilt, dass natürlich auch die Transportmöglichkeiten zum Trainings- und Spielort im konkreten Einzelfall zu prüfen und zu berücksichtigen sind.
Diese Regelungen werden gelegentlich als zu streng kritisiert. Hierbei ist jedoch zum einen zu beachten, dass es sich dabei um DFB-Recht handelt, zu dessen Umsetzung alle Landesverbände verpflichtet sind. Zum anderen macht sie auch durchaus Sinn, da verhindert werden soll, dass zu viele Minderjährige, die noch bei den Junioren spielen können, frühzeitig in den Erwachsenenbereich „abwandern“ und dadurch Juniorenteams wegen Spielermangels aufgelöst werden müssen. Das ist auch der Grund, warum hier Vereine mit Nachwuchsleistungszentrum „bevorzugt“ werden – dort besteht diese Gefahr nämlich gerade nicht.
Grundsätzlich kann man festhalten, dass bei der Entscheidung über eine vorzeitige Freigabe das Interesse des Verbandes, dass A-Junioren bzw. B-Juniorinnen grundsätzlich in Mannschaften ihrer eigenen Altersklasse spielen sollen, um einen Aderlass von Mannschaften in diesen Altersklassen zu vermeiden, gegen das Interesse des Spielers bzw. der Spielerin abzuwägen ist, überhaupt eine Spielmöglichkeit zu haben, falls es im eigenen Verein und dessen Umkreis keine A-Jugend bzw. keine B-Mädchenmannschaft gibt.
Achim Kroth, FVR-Vizepräsident Recht