Die Optik stimmt, zumindest weitestgehend: Gelbes Schiedsrichter-Trikot mit DFB-Logo, schwarze Hose, Pfeife am oder im Mund – auf dem Sportplatz in Horbach in Westerwald leitet ein Unparteiischer ein Spiel. Was dagegen spricht: Er trägt dabei weiße Tennisschuhe. Vor allem aber hat er keinerlei Ahnung von Fußball, geschweige denn von dessen Regelwerk. Der Mann auf dem Fußballplatz in Horbach ist zwar Schiedsrichter, das aber nur probeweise, 20 Minuten lang und für einen Beitrag im SWR-Fernsehen. Es ist Pierre M. Krause, bekannt durch Sendungen wie „Gute Unterhaltung“, „Kurzstrecke“ sowie die mehr als 600 Folgen umfassende Late Night „Pierre M. Krause Show“, die 2021 eingestellt wurde. Er leitet ein Trainingsspiel zweier Horbacher Mannschaften, um zu erfahren, wie das ist: Schiedsrichter sein, Recht sprechen, Entscheidungen treffen.
All das für einen Beitrag zu seiner Sendung „Gute Unterhaltung“, die mit dem Hauptthema „Recht“ am heutigen Freitagabend um 23.30 Uhr im SWR-Fernsehen ausgestrahlt wird und in der ARD-Mediathek abrufbar ist. Krause wollte wissen, wie das ist als Schiedsrichter, was man zu beachten hat, welche Aufgaben zu erwarten sind, wo und wie Entscheidungen getroffen werden müssen. Angeleitet wurde der 47-Jährige von DFB-Schiedsrichter Luca Schlosser aus Horbach, seit etwa zwei Jahren Assistent in der Zweiten Bundesliga. In einem kurzen Crashkurs gab er Krause die wichtigsten Informationen mit auf den Weg, beantwortete jede (teils alles andere als ernst gemeinte) Frage, auf dem Platz und an der Tafel in der Kabine. Und dann ging’s los: Mit einem fulminanten Pfiff eröffnete Krause das Trainingsspiel – und war schon bald danach nicht immer bei der Sache, zelebrierte den Einsatz des Freistoßsprays, forderte die Spieler zwischendurch zu Kniebeugen auf, feierte Tore der Mannschaften mit. Schlosser hatte seine Augen jedoch immer auf die entscheidenden Stellen gerichtet, sodass er Krause per Headset den einen oder anderen Tipps gab.
So oder so: Es wurde viel gelacht auf dem Platz. „Über Pierres Leistung möchte ich nicht sprechen“, sagte Schlosser schmunzelnd. „Er hat gute Unterhaltung geliefert – und genau darum ging’s ja auch. Es hat großen Spaß gemacht, Pierre ist ein sehr sympathischer, lustiger Kerl. Wenn ich die Schiedsrichterei auf diesem Weg publik und Werbung dafür machen kann: super, echt gerne!“
Und was sagt der neue Schiedsrichter? „Meine Aufgabe hat mich völlig unter Druck gesetzt. Ich war ja hier, um Quatsch zu machen. Aber wenn man diese 22 motivierten jungen Männer sieht, die wirklich Fußball spielen möchten, reduziert sich die Motivation, Quatsch zu machen“, meinte Krause – der die Sache natürlich trotzdem nur mit einem Mindestmaß an Ernsthaftigkeit anging. „Ich bin grundsätzlich ein harmoniebedürftiger Mensch“, erzählte Krause. „Das ist Luca natürlich auch, und ich möchte Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern nicht unterstellen, dass sie das nicht seien, aber man muss sich schon ein bisschen überwinden, eine Entscheidung zu treffen, von der man weiß: Einer Seite wird die wehtun. Diese Überwindung fiel mir sehr schwer.“
Seine Schiedsrichterkarriere wird Pierre M. Krause also nicht mehr in die Bundesliga führen. Und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch nicht ein zweites Mal auf den Fußballplatz. Ein Erlebnis war sein erster und einziger Einsatz aber allemal, für ihn und für alle anderen Beteiligten – ein unterhaltsameres Trainingsspiel dürften sie in Horbach jedenfalls noch nicht gehabt haben.
Die Sendung „Gutes Recht“ mit dem Beitrag aus Horbach ist hier abrufbar.