Eindrücke von den „Eisernen“: Dennis Lamby, Verbandstrainer des Fußballverbandes Rheinland, hat vom 06. bis 19. Januar sein zweites Praktikum bei Bundesligist Union Berlin absolviert. Der 36-Jährige nimmt derzeit unter anderem mit Miroslav Klose, Kim Kulig, Andreas „Zecke“ Neuendorf und Hanno Balitsch am Fußballlehrer-Lehrgang des DFB teil, der höchsten Stufe der Trainerausbildung in Deutschland, die Praktika sind Bestandteil des Lehrgangs. Bereits im Oktober gewann Lamby durch die offene Art des Berliner Trainerteams um Urs Fischer spannende Eindrücke, die er nun – rund um die Bundesligaspiele gegen den VfL Wolfsburg und Bayer Leverkusen – vertiefen konnte.
Dennis Lamby, nach dem zweiten Praktikum bei Union Berlin: Wie war’s dieses Mal?
Lamby: Die positiven Eindrücke des ersten Praktikumsteils im Oktober haben sich bestätigt. Zudem hat sich mein Bild des Vereins und explizit auch der Arbeit von Urs Fischer und seines Trainerteams gefestigt, ich habe tiefere Einblicke in die tägliche Arbeit bekommen können. So habe ich jetzt ein vollständiges Bild der Spielphilosophie, der Trainingsphilosophie und der Führungsphilosophie von Urs Fischer.
Waren die Einblicke nun noch vertiefender, weil Du bereits bekannt warst?
Lamby: Das Trainerteam hat mich noch mehr mit ins Boot geholt und mir noch mehr Informationen zukommen lassen. Generell habe ich Urs Fischer als sehr zugänglichen Menschen erlebt, der sich sehr viel Zeit für mich genommen hat und der keine Geheimnisse vor mir hatte. Das hat es mir natürlich erleichtert, tiefgehende Erkenntnisse aus der Zeit in Berlin mitzunehmen.
Was kannst Du von der Herangehensweise von Urs Fischer für Dich als Trainer mitnehmen?
Lamby: Insbesondere im Hinblick auf die Mannschafts- und Mitarbeiterführung hat er auf mich sehr inspirierend gewirkt – die Art und Weise, wie er die Mannschaft und auch jedes einzelne Funktionsteammitglied führt. Das war sehr spannend, und darüber haben wir uns lange unterhalten. Auch die Klarheit, wie er den Fußball sieht, wie detailversessen er ist und dann die Inhalte trotzdem runterbricht, vereinfacht, sodass sie für die Mannschaft effektiver zu verarbeiten sind, war beeindruckend. Ich habe selten erlebt, dass ein Trainer so authentisch sein kann, auf eine ganz unaufgeregte Art und Weise. Zudem haben mich die Wochen mit Urs Fischer im Bezug auf meine grundlegenden Prinzipien der Mannschaftsführung bestärkt. Auch in der methodischen Vermittlung seiner Spielprinzipien konnte ich einige interessante Ansätze beobachten. „Was wir machen, das machen wir zusammen.“ Diesen Leitsatz füllt er auf dem Trainingsplatz, in der Kabine, im Trainerbüro, zu jedem Zeitpunkt des Arbeitstages und für jeden ersichtlich mit Leben. Er gibt Verantwortlichkeiten bewusst ab und schenkt den Mitarbeitern viel Vertrauen und Wertschätzung für ihre Arbeit. Das alles steuert er bewusst – diese innere Haltung wirkte schon sehr inspirierend auf mich.
Die Ausbildung zum Fußballlehrer spielt sich auf sehr hohem Niveau ab. Hast Du dennoch auch in fachlicher Hinsicht neue Erkenntnisse aus Berlin mitgenommen?
Lamby: Es gibt überall, nicht nur im Fußball immer wieder Ansätze, die spannend sind. Diese muss man erst mal sacken lassen und überdenken, ob und wie man sie in seine eigene Denkweise über Fußball mit einbringen kann und möchte. Für mich besonders interessant waren neben den Gesprächen mit Urs Fischer auch die Diskussionen mit Athletiktrainer Martin Krüger über die Trainings- und Belastungssteuerung während der Saison und auch jetzt unter Corona-Bedingungen – da haben viele Neuerungen Einzug gehalten.
Du warst bisher stets als Trainer oder Co-Trainer einer Auswahlmannschaft tätig, sowohl beim Fußballverband Rheinland als auch bei den U-Nationalmannschaften des DFB. Wo liegen die wesentlichen Unterschiede zum Training einer Mannschaft im Ligabetrieb?
Lamby: Als Trainer einer Auswahlmannschaft kann ich im Training sicherlich nicht so sehr im Detail auf alles eingehen. Und auch hier war es für mich spannend zu verfolgen, wie detailliert man einerseits in seiner Vorstellung über die eigene Spielidee sein kann, und andererseits wie man diese mit den passenden methodischen Hilfsmitteln in der Trainingsarbeit für die Spieler herunterbrechen kann. Das ist etwas, das ich für mich mitnehmen kann: In Anbetracht der wenigen Lehrgangstage die uns gemeinsam zur Verfügung stehen, und auch unter der Berücksichtigung der individuellen Belastungssteuerung kann und muss die Effektivität gesteigert werden. In Bezug auf die Vermittlung von Lerninhalten werde ich also einige Ansätze von Union für mich und meine Auswahlspieler mitnehmen.
Der Lehrgang zum Fußballlehrer geht nun in die Schlussphase. Was steht bis dahin noch auf dem Programm?
Lamby: Wir sind auf der Zielgeraden, im März und April finden die schriftlichen und mündlichen Prüfungen in den Bereichen Psychologie, Fußballfitness, Regelkunde und Ernährungslehre statt. Dazu kommt, im Bereich der Spielanalyse, die Praxis auf dem Platz. In den letzten Wochen wurden Inhalte online abgebildet, unter anderem auch Expertenrunden mit renommierten Trainern. Die Ausbildung geht noch bis in den Februar, dann folgen die sogenannten Individualisierungswochen, während denen jeder in kleinen Gruppen an Schwerpunkten weiter arbeiten kann, die für ihn wichtig erscheinen. Aktuell schreibe ich meinen Praktikumsbericht, darüber hinaus muss ich noch meine persönliche Trainerphilosophie verschriftlichen. Im April wird die Ausbildung dann abgeschlossen sein.
Bilder: 1. FC Union Berlin