Eine Schiebermütze war das Markenzeichen von dem einstigen Bundestrainer Helmut Schön. Sie erhielt Berühmtheit und auch einen speziellen Song. Udo Jürgens, Schlagersänger mit Weltruf, widmete „dem Langen“, wie Helmut Schön auch genannt wurde, 1978 einen wehmütigen Abschiedssong „Der Mann mit der Mütze geht nach Haus“. Im Fußballkreis Westerwald/Sieg ist es ein Hut, der für den Träger zum Markenzeichen wurde. Zugegeben, ein Image, das er auch ein wenig pflegt. Die Rede ist von Hans Jürgen Müller, den man ohne diese Kopfbedeckung (fast) nie sieht und sah.
Das ‚Markenzeichen‘ ist das Eine, eine unglaubliche lange Zeit als Vorsitzender des FVS Merkelbach das Andere. 45 Jahre stand Jürgen, wie er meist genannt wird, an der Spitze des Vereines, den er einst mitbegründete. Es war der 27. Dezember 1975, als der FSV bei „Lang´s“ der Gaststätte Weber (heute „Merkelbach Hof“), gegründet wurde. Ein Vorläufer war der SV Merkelbach-Hütte (Hütte war damals noch ein selbständiger Ort). Man fand ich seit 1960 zusammen, um ‚mit Fußball die Sonntagnachmittage sinnvoll zu verbringen‘. Anfang der Siebziger Jahre musste der Spielbetrieb jedoch mangels Akteure eingestellt werden. Der Verein wurde folgerichtig aufgelöst.
In Merkelbach erfolgte dann 1974 ein Neustart, der dann 1975 in eine Vereinsgründung mündete. An die Spitze wählte man Hans Jürgen Müller, von dem bekannt war, dass er ‚die Ärmel aufkrempeln‘ konnte. „Ich war fußballerisch nicht hochbegabt. Aber ich wollte etwas bewegen“, bekennt Hans Jürgen Müller heute.
Fortan war er der Funktionär, ‚der Macher und Vorangeher‘ beim FSV und blieb dies bis zum Frühjahr diesen Jahres. Zunächst musste ein geeignetes Sportfeld geschaffen werden. Von der Ortsgemeinde erhielt man fünf LKW-Ladungen ‚Rote Erde‘. Der Rest war Eigenleistung. Organisator war der Vorsitzende. Bis 1982 kickte man im Bereich Freizeitmannschaften, ehe man sich offiziell dem Fußballkreis Westerwald/Sieg anschloss. „Wir brauchten ein Vereinsheim“, erzählt Hans Jürgen Müller. Das wurde 1986/87 in Blockhaus-Bauweise und in Eigenleistung erstellt. Man hatte nunmehr ein eigenes Zuhause. „Um 18.00 Uhr war aber stets Schluss. Wir wollten kein Konkurrent der örtlichen Gastronomie sein“ stellte der Vorsitzende von Anfang an klar.
Ein Jahr nach der Grenzöffnung war Müller 1990 Initiator einer Partnerschaft zu einem Verein, der im ‚Thüringer Westerwald‘ zu Hause war, dem MSV Martinfeld. Sogar ein Hotel „Zum Westerwald“ gab es dort. Es fehlte dort an allem. Fußbälle, Trikots, Tornetze und anderes Equipment wanderten vom Westerwald-West in den Westerwald-Ost. Gegenseitige Besuche schlossen sich an.
1992 erfolgte der Spatenstich zu einem neuen Rasenplatz. Es wurde ein Vorzeigeplatz“ berichtet Hans Jürgen Müller voller Stolz.
Ab 2015 aber schuf „der Mann mit dem Hut“ einen weiteren Höhepunkt in seinem Lebenswerk. Die Integration von Asylanten. Uwe Hummrich, ehrenamtlicher Mitarbeiter im Arbeitskreis „Integration und Asyl“ von Hachenburg/Altstadt fragte bei Müller an, ob sein Verein Migranten in den FSV Merkelbach aufnähme. Jetzt schlug die Stunde eines Mannes mit einem „großen Herz“. Sukzessive wurden 60 (!!) Flüchtlinge und Asylbewerber aus Merkelbach und vielen Nachbarorten in den Verein integriert. Im gesamten Bereich des Fußballverbandes Rheinland ohne Beispiel. Enorme Kosten kamen auf den Verein zu, denn es galt, die Fußballinteressierten auszurüsten. Hier halfen sowohl der FVR, LSB, Lotto Rheinland Pfalz, der Sportkreis, Orts- und Verbandsgemeinde, Banken und Sparkassen. Ab 2016 wurde der FSV vom DOSB als Anerkannter Stützpunkverein „Integration durch Sport“ benannt.
Joachim Burbach, Dirk Seiler und Bastian Sartor betreuten mit vielen ehrenamtlichen Helfern die Migranten, die vollständig in den Spielbetrieb der beiden Teams des FSV und auch in die Dorfgemeinschaft integriert wurden.
Hans Jürgen Müller war stets mit der Steuermann, wenn es galt, den Zusammenhalt auch im Heimatort herzustellen. Frauengymnastik, Lauf- und Wandertage, Tischtennis, Karnevalsveranstaltungen zur Unterstützung der örtlichen Gastronomie und vieles mehr stellte er auf die Beine.
Wie schafft man das alles? Mit Durchsetzungsvermögen und Treue zum Verein.
Und auch mit einer Ehefrau Marlies, die das alles mitmachte, aber 2019 verstarb.
Einen besonderen Mitstreiter, ohne andere zurückzusetzen, erwähnt der Vorsitzende, der auch beruflich seinem Arbeitgeber 50 Jahre die Treue hielt, seinen Freund Werner Schneider, der ihm stets zur Seite stand.
Welchen Stellenwert der FSV in Merkelbach hat, belegt die Tatsache, dass in dem rund 450 Einwohnern zählenden Ort nicht weniger als 325 Mitglieder im FSV sind, darunter auch zahlreiche treue, passive Beitragszahler. Das darf sich Hans Jürgen Müller zu einem erheblichen Teil gutschreiben.
2019 wurden von einigen Vorstandsmitgliedern die Weichen für die Zukunft gestellt, um den Staffelstab nach einer Einarbeitsphase an Jüngere weiterzugeben. Der Übergang erfolgte dann im Frühjahr 2020, nahezu reibungslos.
Nun sieht man Hans Jürgen Müller oft mit Hut und Hund unterwegs bei ausgedehnten Spaziergängen. Der „Mann mit dem Hut“ ist nun Geschichte beim FSV Merkelbach, ohne jedoch „seinen Verein“ aus den Augen zu verlieren.
Text/Fotos: Willi Simon
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