Fußball für alle! Fußball schließt niemanden aus. Dass darin viel Wahrheit steckt, davon wollte sich Malu Dreyer am Sonntag selbst ein Bild machen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin besuchte die Fußball-Inklusionstage „ZusammenSPIEL“, die von Freitag bis Sonntag auf dem Viehmarkt am Rande der Trierer Altstadt stattfanden. Der 2. Spieltag der Blindenfußball-Bundesliga und erste Partien der neugegründeten Amputierten-Fußball-Bundesliga gehörten wie auch ein inklusives Walking-Football-Turnier zum Programm der dreitägigen Veranstaltung der DFB-Stiftung Sepp Herberger, die gemeinsam mit der Stadt Trier und dem Fußballverband Rheinland realisiert wurde. Großzügig unterstützt wurden die Inklusionstage durch die Unternehmen Volkswagen, Deutsche Telekom und SAP.
Die Landesmutter war zufrieden. „Für mich hat es eine große Bedeutung, dass Menschen, die einen Schicksalsschlag erleben, trotzdem den Weg zurück in die Gesellschaft finden. Egal ob es ein Unfall oder eine Krankheit ist, man muss den Schock erstmal verarbeiten. Wenn man dann erlebt, ich kann den Sport, den ich so liebe, trotzdem fortsetzen, schaut man wieder optimistisch in die Zukunft“, sagte Malu Dreyer in Trier. Bei der 60-jährigen SPD-Politikerin war 1995 Multiple Sklerose diagnostiziert worden, weshalb sie bei längeren Wegstrecken einen Rollstuhl nutzt.
Auch Varianten wie ID- und CP-Fußball wurden auf dem Kunstrasenplatz vorgestellt. Viele Einkaufende und Passanten legten eine Pause auf der Tribüne ein, und schauten sich ein Spiel oder eine Demonstration an. DFB-Vizepräsident Dirk Janotta, der Vorsitzende der DFB-Stiftung Sepp Herberger, kündigte an, dass man die Inklusionstage in den Jahren 2022 bis einschließlich 2024 auf dem Roncalliplatz am Kölner Dom veranstalten wird.
Nachdem sie die zweite Halbzeit eines Spiels der neugegründeten Amputierten-Fußball-Bundesliga verfolgt hatte, schwärmte Malu Dreyer: „Ich bin begeistert, denn ich habe viele durchtrainierte Fußballer erlebt, die mit großem Engagement und Können ihren Fußballtraum leben. Nach ein paar Minuten vergisst man fast, dass die Spieler ein Handicap haben.“, sagte Dreyer. Prothesen werden während des Kicks abgeschnallt, die einbeinigen Spieler bewegen sich, gestützt auf ihre Krücken, mit verblüffender Schnelligkeit über den Platz.
„Tempodribblings, Kopfbälle und sogar Fallrückzieher – das alles sieht man bei unseren Spielen. Amputierten-Fußball ist Rasanz“, sagt Christian Heintz, Projektleiter bei „Anpfiff ins Leben“. Dietmar Hopp hatte den Verein 2001 zum Zwecke der Jugendförderung gegründet. Seit 2015 gehört die Unterstützung für Menschen mit einer Amputation zum Aufgabenfeld. Durch die Amputierten-Bundesliga „wollen wir nun mehr Öffentlichkeit erreichen“, sagt Heintz. Außerdem sollen mehr Amputierte zum Fußballspielen ermuntert werden, denn vorerst spielen mit Anpfiff Hoffenheim, Fortuna Düsseldorf und der Spielgemeinschaft Nord-Ost erst drei Mannschaften in der Liga.
Christian Heintz verlor vor mehr als zehn Jahren den linken Unterschenkel als Folge eines Autounfalls. Ein Leben lang hatte er begeistert Fußball gespielt, zur Zeit des Unfalls für eine Mannschaft in der Verbandsliga. „Klar bin ich in ein tiefes Loch gefallen. Aber zwei Tage nach meinem Unfall sah ich diesen Flyer, in dem über Amputierten-Fußball informiert wird. Das war wie ein Wink des Schicksals. Heute empfinde ich mehr Freude am Fußball als früher auf zwei Beinen“, betont Heintz.
Dreyer sprach bei ihrem Besuch auch einen weiteren Grund an, warum ihr Handicap-Fußball mitten in der Stadt gut gefällt. „Die allergrößte Angst von Menschen mit einer Behinderung ist es, nur noch über diese Behinderung wahrgenommen zu werden. Wir müssen in unserer Gesellschaft noch besser verstehen, dass wir einen Menschen nicht über die Behinderung definieren, sondern darüber, was jemand zu leisten im Stande ist“, so Dreyer.