Seit nahezu 30 Jahren sind die Fußball-Ferien-Freizeiten der DFB-Stiftung Egidius Braun für rund 1.000 teilnehmende Jugendliche ein ganz besonderes Erlebnis. Auch in diesem Jahr hätten 75 Vereinsgruppen an den insgesamt 18 einwöchigen Freizeiten in Edenkoben, Grünberg, Hennef, Leipzig, Malente und in der Sportschule Schöneck teilnehmen sollen. Zudem waren erstmals zwei Sommerakademien für junge „Ehrenamtler“ geplant. Aufgrund der Corona-Pandemie können beide Programme nur virtuell stattfinden. Im Gespräch mit Journalist Wolfram Kämpf spricht DFB-Vizepräsident Dirk Janotta, der geschäftsführende Vorsitzende der DFB-Stiftung Egidius Braun, über Verantwortung in dieser besonderen Zeit und die neuen Planungen.
Herr Janotta, erstmals seit 1993 wird es aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Sommer keine Fußball-Ferien-Freizeiten geben. Können Sie die Hintergründe dieser Entscheidung erläutern?
Dirk Janotta: Zunächst muss ich sagen, dass uns diese Entscheidung sehr schwergefallen ist. Denn die Freizeiten gehören zu den wichtigsten und traditionsreichsten Initiativen der Stiftung. Aber wir haben angesichts des Respekts vor behördlichen Vorgaben und der Sorge um die Gesundheit von Teilnehmenden und Mitarbeitenden keine Alternative zu diesem Entschluss gesehen. Abstands- und Hygieneregeln hätten die gemeinsamen Aktivitäten zu sehr eingeschränkt. Das Gemeinschaftserlebnis – und genau darauf zielt die Initiative ja ab – wäre bei Weitem nicht das gleiche gewesen. In den Freizeiten sollen sich die Kinder und Jugendlichen begegnen, miteinander Sport treiben, Abenteuer erleben. Das geht nicht mit Schutzmaske und sicherem Abstand.
Gibt es denn ein Trostpflaster für die 75 Jugendteams, die sich schon auf ihre Teilnahme gefreut hatten?
Dirk Janotta: Ja. Alle Mannschaften, die eine Zusage hatten, werden im kommenden Jahr dabei sein. Außerdem erhalten die Teams schon jetzt 20 Trainingsbälle und Sportbekleidung, damit sie gut gerüstet sind für den Re-Start in den Trainings- und Spielbetrieb. Die DFB-Stiftung Egidius Braun kümmert sich aber auch um ein Online-Angebot vor allem für die Spielerinnen und Spieler, die eigentlich im Sommer mit dabei gewesen wären. Wir werden auf einer neuen Plattform ein abwechslungsreiches Programm anbieten, zum Beispiel E-Soccer-Turniere organisieren und die Mannschaften zu virtuellen Stadiontouren und einem Online-Rundgang durch das Deutsche Fußballmuseum mitnehmen. Das ist vielleicht nicht so schön wie eine gemeinsame, reale Tour, aber wir bleiben so in Kontakt.
Auch die beiden einwöchigen Sommer-Akademien für ehrenamtlich engagierte junge Menschen werden nicht wie geplant stattfinden können.
Dirk Janotta: Das ist richtig und sehr schade, denn wir alle hatten dieses Pilotprojekt mit großer Spannung und Vorfreude erwartet. Doch wir arbeiten an einer Alternative. Wir wollen auch hier die Vorteile elektronischer Medien nutzen und den Teilnehmenden online Rüstzeug für ihre Aufgaben vermitteln. Wir konzipieren gerade Internet-Workshops, die beispielsweise Wissen in den Bereichen Finanzen, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit vermitteln sollen. Dies trägt dazu bei, den ehrenamtlichen Nachwuchs in seinem Eifer zu bestärken. Schließlich ist klar, dass wir auch in Zukunft viele qualifizierte und engagierte Menschen benötigen.
Dieser Blick in die Zukunft unserer Gesellschaft und der Fußballvereine spielt in Ihrem Engagement sicherlich eine gewichtige Rolle. Denn seit September vergangenen Jahres sind Sie als Vizepräsident des DFB für sozialpolitische Aufgaben, den Ehrenrat und die Koordination der DFB-Stiftungen verantwortlich. Was macht diese Aufgabe so reizvoll?
Dirk Janotta: Ich bin bereits seit 30 Jahren ehrenamtlich im Fußballverband Rheinland tätig und habe mich auch schon in Kommissionen des DFB engagiert. Jetzt noch intensiver beim größten Sportverband der Welt mitwirken zu können, ist eine reizvolle Herausforderung. Ich hoffe, einige Dinge verbessern und andere erfolgreich fortführen zu können. Zu tun gibt es sicherlich genug. Das zeigen die Entwicklungen in Gesellschaft und Politik, die auch am Fußball nicht vorbeigehen.
Wo sehen Sie denn besonderen Handlungsbedarf?
Dirk Janotta: Ich denke, wir müssen weiter gegen den aufkommenden Rassismus Flagge zeigen, uns für Integration und Inklusion stark machen und die Digitalisierung vorantreiben. Dabei müssen wir die Basis mitnehmen und nachhaltige Lösungen finden. Außerdem gilt es, den Klubs bei der Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie beizustehen. Wo wir helfen können, werden wir anpacken. Die DFB-Stiftung Egidius Braun wird alle bestehenden Zusagen gegenüber Fußballvereinen und Partnern einhalten und mit Ausnahme der Fußball-Ferien-Freizeiten ihre Kernprojekte aufrechterhalten. Diese Zuverlässigkeit ist uns wichtig und entspricht auch dem Credo von Egidius Braun.
Was verbinden Sie denn außerdem mit dem einstigen DFB-Präsidenten?
Dirk Janotta: Egidius Braun ist ein fantastischer Mann. Ich habe ihn schon kennengelernt, als er DFB-Präsident war. Er war nie ein abgehobener Funktionär, sondern immer ein Mensch mit Blick für die Basis, stets freundlich, integer und eher ein väterlicher Freund. Ich hatte die Ehre, ihn anlässlich seines 95. Geburtstags zu treffen. Dabei war es eine besondere Freude, die große Vertrautheit zu seiner jüngst verstorbenen Ehefrau Marianne zu spüren. Egidius Braun hat immer noch den Blick für das Tagesgeschehen und seinen typischen Humor. Unlängst hat er an der virtuellen Sitzung von Kuratorium und Vorstand teilgenommen. Seine Überzeugung, dass Fußball eben mehr als ein 1:0 ist und der Fußball eine große gesellschaftliche Bedeutung und integrative Kraft besitzt, ist meines Erachtens aktueller denn je. Sein Credo und die Werte seiner lieben Frau sind und bleiben in unserem Stiftungswirken lebendig, gerade auch in diesen besonderen Zeiten.