Dieser Bericht soll aufzeigen, wie Inklusion bei Vereinen vorbildlich in die Tat umgesetzt wurde.
In Betzdorf wohnt Paul Ganser. Er ist 11 Jahre alt und besucht das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Betzdorf. Mathe und Latein sind seine Lieblingsfächer. Seine Leidenschaft gehört dem Fußball. Nur, Fußballspielen kann er leider nicht mehr. Ein mit 7 Jahren erlittenes Aneurysma im Spinalkanal führte dazu, dass er permanent auf den Rollstuhl angewiesen ist. Und trotzdem hat er einen Traum. Er möchte Fußballtrainer werden. Am liebsten bei seinem Lieblingsclub in der Bundesliga, Borussia Dortmund.
Diesen Traum möchte Paul hartnäckig verfolgen.
Wie könnte das gehen. Seine Mutter Anja hatte über eine Freundin Kontakt aufgenommen zu dem D-Juniorentrainer der SG 06 Betzdorf, David Giermann. Dazu berichtet Paul, ein hellwacher Junge mit klaren Vorstellungen: „David hat sich erst mit meiner Mama Anja und dann mit mir lange unterhalten. Ich solle ihm meine Vorstellungen darlegen und David wiederum hat mir gesagt, was seine Erwartungen sind“. Paul rannte mit seinen Plänen bei den Verantwortlichen ‚Auf dem Bühl‘ in Betzdorf offene Türen ein. Ein Paradebeispiel für Inklusion. Auch der Amateurfußball, neben anderen Sportarten, hat sich Inklusion auf seine Fahnen geschrieben. Menschen mit Behinderungen dürfen nicht außen vor bleiben. So auch die Philosophie bei den Betzdorfern, die es nicht bei der Theorie beließen, sondern in die Tat umsetzten. Paul durfte sich zunächst ein Training anschauen, das ihm sehr gut imponierte. Dem Juniorentrainerstab der SG 06 wiederum gefiel die Art, wie ein aufgeweckter Junge sich für Fußballtraining interessiert. Er gehörte ab sofort zum Trainerstab bei den D-Junioren.
Das war im Juni 2021. Paul ist hocherfreut: „Ich sehe mich unterstützend, ich kann Tipps geben und auch Spiele analysieren. Ich darf kleine Gruppen trainieren und bei den Aufstellungen für die bevorstehenden Spiele helfen. Ab und zu bin ich im Training auch der Schiedsrichter“. Dazu Trainer David Giermann: „Paul ist unser ‚zusätzliches Auge‘. Wenn er den jungen Fußballern sagt ‘so läuft es‘, dann läuft es auch so. Er wird von den Kids voll akzeptiert. Deshalb ist er mit dabei, im Training und bei jedem Spiel“. So auch beim Winter-Cup der Junioren im Februar dieses Jahres, als die D-Junioren der SG 06 den ersten Platz belegten. Den Siegerpokal bekam er in die Hand gedrückt. Paul ist stolz darauf, so integriert zu sein. Er möchte die Trainerscheine erwerben, um zertifizierter Trainer zu werden. Auch wenn dabei die ‚Trauben hoch hängen‘. Irgendwie wird es Paul mit seinem Ehrgeiz schaffen. Sein Traum ist es, einmal Trainer bei Borussia Dortmund zu werden. Bei ‚seinem‘ BVB erlebte er die Bundesliga hautnah. Am 14.02.2020 war für ihn ein großer Tag. Vor 81.365 Zuschauern durfte er als ‚Einlaufkind‘ allerdings im Rollstuhl, Lukasz Piszczek mit auf das Spielfeld begleiten. Piszczek war es dann, der in der 33. Minute das 1:0 für die Borussia beim 4:0 gegen Eintracht Frankfurt schoss. Nach dem Spiel schenkte ihm Mario Götze sogar sein Trikot. Außerdem erhielt er noch einen Trainingsanzug mit seinen Initialen. Per Zufall fanden seine Eltern heraus, dass ihr Sohn sogar auf dem Kalender 2021 von Borussia Dortmund mit abgebildet war. Ja, Paul, vielleicht werden deine Träume ja wahr. Ein Fazit ist jedenfalls zu ziehen. Die SG 06 Betzdorf hat einem jungen, körperlich Beeinträchtigten aufgezeigt, dass Inklusion nicht nur auf dem Papier steht, sondern dort in die Tat umgesetzt wird.
Die Aktion der SG 06 Betzdorf hat sicher kein Alleinstellungsmerkmal, in vielen anderen Vereinen wird auch Inklusion praktiziert. Das Beispiel von Paul Ganser soll vielmehr ein Beleg sein, wie Vereine helfen können, Benachteiligte in den Sport zu integrieren.
Text/Fotos: Willi Simon