Während TuS Koblenz Insolvenz beantragt, SpVgg Burgbrohl im freien Fall aus der Oberliga in die Kreisliga B landet und der Ex-Oberliga-Vertreter SG Bad Breisig überhaupt keine Senioren-Fußballmannschaft mehr auf die Beine bekommt, herrscht in unmittelbarer Nachbarschaft der Stadt Mayen beste Laune. Maximal sechs Kilometer voneinander entfernt und eingekeilt von den Rheinlandligisten TuS Mayen und SG Eintracht Mendig/Bell werden sportliche Erfolge in Serie gefeiert: TuS Kottenheim wird Kreismeister der A-Klasse und steigt in die Bezirksliga auf, SG Ettringen/St. Johann wird Vize-Kreispokalsieger und spielt in der kommenden Saison in der Kreisliga A und TuS Hausen freut sich gar doppelt: Die Erste steigt in die B-Klasse, die Zweite in die C-Klasse auf. Was machen die drei letztgenannten Clubs anders oder gar besser? Diese Frage beschäftigt derzeit viele Fußballer im Rhein-Ahr-Kreis, in einem Gespräch mit den Beteiligten sucht die Rhein-Zeitung nach möglichen Antworten.
Woran sind Bad Breisig und Burgbrohl aus Ihrer Sicht gescheitert?
Helmut Lung und Matthias Krechel (Fußball-Abteilungsleitung bei TuS Kottenheim): „Im Fokus stand zu sehr der Erfolg. Man wollte möglichst hochklassig spielen und versuchte das mit auswärtigen Spielern und sogenannten Legionären. Da geht die Identifikation verloren, Geld spielte eine zu große Rolle.“
Geht es denn in höheren Ligen überhaupt ohne Geld?
Helmut Lung: „Wir haben keinen großen Mäzen, dafür aber etliche Gönner, die uns mit kleineren Beträgen unterstützen. Einer davon hat uns ein Ultimatum gestellt: Wenn wir auch nur einen Spieler bezahlen, sei er raus.“ Auch Dieter Schäfer (Vorsitzender im JSV Ettringen) und Werner Grosse (Vorsitzender von TuS Hausen) profitieren von Bandenwerbung sowie von Geld-/Sachspenden, sind aber nicht bereit, etwas für Spieler der ersten Mannschaft zu bezahlen. In allen drei Vereinen arbeiten sogar die Trainer der Jugendmannschaften ausnahmslos ehrenamtlich. Werner Grosse: „Wie hätte ichThomas Blang, unserem langjährigen Führungsspieler und absoluten Leistungsträger klar machen wollen, dass jemand fürs Kicken bezahlt wird und er für Nullkommanichts jahrzehntelang die Knochen hingehalten hat?“
Warum klappt es trotzdem oder gerade deshalb bei Ihnen?
Dieter Schäfer lobte die gute Entwicklung des Vereins. „Die Gemeinschaft ist uns sehr wichtig und wir versuchen, den Verein stetig weiterzuentwickeln. Dazu gehört es auch, dass wir die Arbeit auf viele Schultern verteilen. Es soll nicht dazu kommen, dass alles vorbei ist, weil der Allesmacher seine Mitarbeit aufkündigt. Derzeit haben wir mehr Interessenten, als Posten zu vergeben sind.“ Auch bei TuS Hausen, wegen des allumfassenden Engagements von Werner Grosse (unter anderem seit 28 Jahren Vorsitzender) von Spöttern als TuS Grosse bezeichnet, hat sich einiges geändert. „Inzwischen werde ich dank einiger guter Mitarbeiter deutlich entlastet.“
Warum bleiben Spieler, obwohl es in unmittelbarer Nachbarschaft so viele höherklassige Mannschaften gibt?
„Der Stamm unserer erfolgreichen A-Jugend aus den 1990er Jahren ist zusammen geblieben, und wenn Akteure dazu gestoßen sind, dann aufgrund bestehender Freundschaften, so konnte der Zusammenhalt auf Dauer gestärkt werden“, kann Matthias Krechel für Kottenheim berichten. Ähnliches tut sich in Hausen. „Der Pool unserer Seniorenteams wurde in den beiden zurückliegenden Jahren deutlich aufgefüllt durch A-Jugendliche. Diese kennen sich schon seit Jahren, und daher wollen sie zusammen in den Seniorenbereich wechseln. Das garantiert war nicht von vorneherein Erfolg, aber Kontinuität, und das ist gut für den Verein“, ist Grosse überzeugt. „Ich würde sogar auf eine höhere Liga verzichten, wenn das Zusammengehörigkeitsgefühl dadurch gefährdet wäre.
Ist es also mehr das Klima im Verein, das den Ausschlag gibt?
„Wir arbeiten nicht nur für das Aushängeschild erste Mannschaft. Bei uns soll jeder Fußball spielen können, wenn er dies will“, lautet ein Maxime beim TuS Kottenheim. „Dadurch wächst auch die Bereitschaft, sich an anderer Stelle für den Verein zu engagieren. Seniorenspieler helfen bei Veranstaltungen, Arbeitseinsätzen oder bei der Betreuung von Jugendmannschaften.“ Ähnlich verhält es sich in Ettringen, wo man zusätzlich sehr viel Wert auf Integration von Flüchtlingen legt, die nicht nur mit kicken, sondern auch als Jugendtrainer zum Einsatz kommen.
Apropos Jugendarbeit. Wie sieht es damit aus?
„Erst einmal dürfen wir froh sein, mit unseren Rasenplätzen über eine optimale Infrastruktur zu verfügen, Das macht es vielen Jugendlichen und deren Eltern leichter, sich uns anzuschließen“, freut sich Schäfer über anhaltenden Zulauf. „Wir haben es uns auf die Fahnen geschrieben, möglichst alle in den Spielbetrieb einzubinden. Daher werden in einigen Altersklassen sogar drei Mannschaften gemeldet“, ergänzt Krechel. In Hausen kommt man sogar ohne Partner zurecht und ist trotzdem in fast allen Altersstufen mit einem Team vertreten. „So können wir sicher sein, dass jedes Jahr aufs Neue die Senioren davon profitieren“, so Grosse.
TuS Hausen | TuS Kottenheim | JSV Ettringen | |
Gegründet | 1894 | 1913 | 1900/26 |
Einwohner | ca. 1.700 | ca. 2.700 | ca. 3.700 mit St. Johann |
Mitglieder | 423 | 782 | 400 |
Sportplatz | Hybrid-Rasen 2015 | Kunstrasen 2015 | Hybrid-Rasen 2014 |
Seniorenteams Ligazugehörigkeit | zwei Kreisliga B und C | drei Bezirksliga, Kreisliga C/D | zwei (SG mit St. Johann) Kreisliga A und D |
Jugendmannschaften | Alle Jahrgangsstufen außer D-Jugend 6 Mannschaften | JSG Vulkaneifel, bei A- bis C-Junioren zusammen mit SG Eintracht Mendig/Bell 14 Mannschaften | |
Bisherige Erfolge | Bezirksliga (2013/14) | Gauliga (1933/34) Amateurliga (1956/58) Rheinlandpokal (1955) | Landesliga (1968) Bezirksliga (zuletzt 1996) |