Der Deutsche Fußball-Bund hat das 9. Lagebild des Amateurfußballs in Deutschland veröffentlicht. Seit der Saison 2014/2015 lässt der DFB auf Grundlage des Spielberichts der Schiedsrichter jährlich ermitteln, wie es mit Blick auf Gewalt und Diskriminierung um die Lage des Amateurfußballs in Deutschland bestellt ist.
„Das Lagebild des Amateurfußballs wird ermöglicht durch eine kollektive Kraftanstrengung des DFB, der rund 53.000 Schiris sowie der 21 DFB-Landesverbände“, sagt Ronny Zimmermann zu den veröffentlichten Zahlen. Der 1. DFB-Vizepräsident fungiert im 14-köpfigen DFB-Präsidium als Repräsentant des Amateurfußballs und des Schiedsrichterwesens. „Das Lagebild hat sich zu einem wichtigen Indikator für die Stimmung auf den Plätzen entwickelt“, so Zimmermann. „Es ermöglicht einen Überblick jenseits der Einzelfälle und Sachlichkeit statt verständlicher Emotionen. Für eine wirksame Prävention braucht es als ersten Schritt eine solide Datenbasis. Über ein solches Monitoring verfügt der Fußball.“
In der Saison 2022/2023 wurden im Fußballverband Rheinland 16 Fußballspiele wegen eines Gewalt- oder Diskriminierungsvorfalls abgebrochen, 11 davon im Herrenbereich, je zwei bei den A- und B-Junioren und eines bei den C-Junioren. Insgesamt wurden 24.479 Spiele ausgetragen und 23.575 durch einen abgeschlossenen Spielbericht erfasst. Mit einer Spielabbruchsquote von 0,06 Prozent liegt der Wert im Rheinland knapp unter dem bundesweiten Schnitt (0,08 Prozent).
Auf den Amateurplätzen im FVR-Gebiet kam es während der vergangenen Saison zu 126 Vorkommnissen (0,5 Prozent aller Spiele mit einem abgeschlossenen Spielbericht), davon 72 Gewalt- (0,31 Prozent) und 54 Diskriminierungsvorfällen (0,23 Prozent). Diese Zahlen decken sich mit dem bundesweiten Durchschnitt. Bei 60 Spielen wurde ein Spieler als Beschuldigter gemeldet, bei 23 Spielen ein(e) Betreuer(in) und bei 41 Spielen ein(e) Zuschauer(in). Bei 59 Spielen wurde ein Spieler als Geschädigter gemeldet, bei 48 Spielen ein(e) Schiedsrichter(in), bei 10 Spielen ein(e) Betreuer(in) und bei 9 Spielen ein(e) Zuschauer(in).
„Das Lagebild zeigt mir, dass Gewaltpräventions- und Anti-Diskriminierungsarbeit im Fußball mehr Förderung brauchen. Der sichere Fußballplatz ist Indikator und zugleich elementarer Bestandteil einer gesunden Zivilgesellschaft“, sagt Arianit Besiri, FVR-Vizepräsident für sozial- und gesellschaftspolitische Aufgaben sowie Leiter der Kommission Gesellschaftliche Verantwortung. „Der Fußball kann die Erziehung nicht ersetzen, er kann aber sehr wohl dabei helfen, Werte zu vermitteln und damit das gesellschaftliche Miteinander zu fördern. Die integrative Kraft des Sports kann sich durch das regelgeleitete Austragen von sportlichem Wettkampf voll entfalten. Dazu braucht es einerseits Präventionsmaßnahmen und andererseits effektive sportrichterliche Einzelfallbetrachtung von Gewalt- und Diskriminierungsvorfällen. Besonders wichtig ist die Förderung von Fair Play.“
Besiri ergänzt: „Maßnahmen zur Prävention von Gewalt und Diskriminierung sind sehr vielfältig in ihrer Ausgestaltung und in ihrer Wirkung. Die aus unserer Sicht wirksamsten Mittel sind der Dialog mit den Vereinen und die damit verbundene Teilhabe an der Ausgestaltung des Fußballs im Fußballverband Rheinland. Hierzu haben wir eine Anlaufstelle für Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle eingerichtet, an die sich Vereine wenden können, wenn es zu Vorfällen kam, aber auch wenn diese Schwelle noch nicht überschritten wurde. Zudem haben wir am 10. Juni 2023 erstmalig ein Dialogforum zum Thema Integration 2.0 in Koblenz veranstaltet und dazu alle Vereine eingeladen. Wir bieten Vereinen, Spielerinnen und Spielern sowie Ordnerinnen und Ordnern Schulungen und niederschwellige Gespräche zum Thema Deeskalation an. Erstmalig konnten wir in Zusammenarbeit mit dem Sportbund Rheinland auch Zivilcourage-Schulungen im Sport anbieten. Diese Schulung gibt Vereinsfunktionären praktische Tipps an die Hand, insbesondere mit häufig einzelnen Täterinnen und Tätern probat umzugehen. Sie wurde sehr gut angenommen, sodass wir dieses Angebot erhöhen möchten. Der DFB hat für dieses Jahr das ‚Jahr der Schiris‘ ausgerufen, im Rahmen dessen die Kommission Gesellschaftliche Verantwortung in Zusammenarbeit mit der Kommission Schiedsrichterwesen flächendeckende Gewaltpräventions-Schulungen für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter anbieten möchte. All dies soll dazu beitragen, das Miteinander zu stärken und den Fußballplatz auch subjektiv sicherer zu machen.“