Bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Europameisterschaft der UEFA ist sie auf große Zustimmung gestoßen, nun wird sie auch in Deutschland zum Saisonbeginn einheitlich in allen Spielklassen eingeführt: die Anweisung, dass sich nur der Mannschaftskapitän an den Schiedsrichter oder die Schiedsrichterin wenden darf, um eine wichtige Entscheidung erklärt zu bekommen. Die Kapitäne sind zudem dafür verantwortlich, dass ihre Mitspieler die Unparteiischen respektieren, Abstand halten und sie nicht bedrängen. Ein Spieler, der die Rolle seines Kapitäns ignoriert, beim Referee reklamiert oder sich respektlos verhält, wird verwarnt.
Wenn der Torwart des Teams das Kapitänsamt innehat, wird vor dem Spiel ein Feldspieler bestimmt, der den Schiedsrichter ansprechen kann, falls sich am anderen Ende des Spielfelds eine strittige Szene ereignet. Die Unparteiischen werden ihrerseits dazu ermutigt, sich im Dialog mit den Kapitänen auszutauschen, um eine respektvolle Atmosphäre zwischen allen Parteien zu schaffen und eine Vertrauensbasis zu den Spielerinnen und Spielern aufzubauen.
Gemeinsame Entscheidung von DFB Schiri GmbH, DFB e. V. und DFL
Die Entscheidung, die „Kapitänsregelung“ einheitlich im gesamten deutschen Spielbetrieb zu übernehmen, trafen die DFB Schiri GmbH, der DFB e. V. und die DFL in Gesprächen gemeinsam und einmütig. Die Regelung gilt entsprechend sowohl in den drei Profiligen der Männer als auch in den Frauen-Bundesligen, sämtlichen Amateurspielklassen, allen Pokalwettbewerben und dem Jugendbereich. Sie wurde bei der Europameisterschaft der UEFA erstmals umgesetzt und sorgte für einen respektvolleren Umgang mit den Unparteiischen sowie für ein positives Echo in den Medien und der Öffentlichkeit.
Gemeinsam beschlossen wurde in den Gesprächen zudem, dass die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter in allen Spielklassen präventiv agieren sollen, wenn die Torhüter den Ball deutlich länger als die erlaubten sechs Sekunden mit den Händen kontrollieren, und klare Verstöße gegen diese Regelung konsequenter als bisher sanktionieren. Das Gleiche gilt für Einwürfe: Auch hier sollen die Referees proaktiv auf eine korrekte Ausführung hinwirken und eindeutig falsche Einwürfe ahnden.
Weiter konsequente Ahndung von Unsportlichkeiten und groben Foulspielen
Präventive Ansprachen an die Spieler im Vorfeld von Freistößen in Tornähe und Strafstößen sollen die Unparteiischen zwar vornehmen, aber nicht in dem Maße ausdehnen, wie es teilweise bei der Europameisterschaft zu beobachten war. Bei der Bemessung der Nachspielzeit sollen die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter die bewährte Praxis der vergangenen Saison beibehalten und verlorene Spielzeit konsequent nachspielen lassen.
Ebenfalls fortgesetzt werden soll das entschlossene Vorgehen der Referees gegen unsportliches Verhalten jeglicher Art. Dazu gehören nicht nur Respektlosigkeiten gegenüber den Unparteiischen, sondern beispielsweise auch Spielverzögerungen wie das Ballwegschlagen und -tragen. Auch die konsequente Ahndung gesundheitsgefährdender Foulspiele mit der Roten Karte, wie sie in der vergangenen Saison praktiziert wurde, soll weiterhin erfolgen.
Stimmen zur Einführung der „Kapitänsregelung“
Knut Kircher (Geschäftsführer Sport und Kommunikation DFB Schiri GmbH): „Alles, was dem Image des Fußballs gut tut, werden wir hundertprozentig und konsequent als Schiedsrichter unterstützen! Uns ist dabei sehr bewusst, dass wir in den drei Profiligen und im DFB-Pokal dabei eine Vorbildrolle einnehmen, der wir auch jederzeit gerecht werden wollen.“
Ansgar Schwenken (DFL-Direktor Spielbetrieb & Fans): „Nachdem wir uns in der Kommission Fußball und in Abstimmung mit dem Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) bereits in der vergangenen Saison für ein rigoroses Ahnden von Unsportlichkeiten stark gemacht haben, ist die Umsetzung der ‚Kapitänsregelung‘ der logische nächste Schritt für noch mehr Fairness und Respekt.“
Ronny Zimmermann (DFB-Vizepräsident): „Einfach nur positiv, in jeglicher Hinsicht! Schnellere Spielfortsetzungen und ein erheblich respektvollerer Umgang miteinander, um nur zwei Aspekte zu nennen. Eine tolle Sache, die hervorragend zu unserer Linie der vergangenen Jahre passt. Ich hoffe auf sehr viele positive Effekte, insbesondere im Amateurfußball.“
Christine Baitinger (Sportliche Leiterin DFB-Schiedsrichterinnen): „Ich begrüße die Kapitänsregelung sehr! Die Europameisterschaft hat uns gezeigt, dass dadurch auch wieder im Fußball respektvoller miteinander umgegangen wird. Dies wird uns in allen Spielklassen helfen.“
Udo Penßler-Beyer (Vorsitzender DFB-Schiedsrichter-Ausschuss): „Ich verspreche mir von der Einführung der ‚Kapitänsregel‘ gerade auch im Amateurbereich einen deutlich respektvollen Umgang miteinander. Der Schiedsrichter muss nicht mehr mit mehreren Spielern gleichzeitig unter Bedrängnis kommunizieren und kann seine Botschaft kurz und prägnant an den Kapitän übermitteln. Ein respektvollerer Umgang auf dem Spielfeld sollte sich dann auch positiv auf den Zuschauerbereich auswirken. Die Europameisterschaft hat bewiesen, dass es funktioniert.“
Lutz Wagner (DFB-Schiedsrichter-Lehrwart): „Die Einführung ist nicht nur sinnvoll und praxisgerecht, sie hilft auch dem Fußball bis an die Basis. Zudem ist sie sehr einfach umsetzbar, da es keinerlei regeltechnische Veränderungen braucht, sondern nur der Ablauf der Kommunikation zwischen dem Schiedsrichter und dem Kapitän klar definiert wird. Für alle Beteiligten gibt zudem auch ein kurzes prägnantes Informationsblatt, damit alle auf dem gleichen Sachstand sind.“
Ulrich Schneider-Freundt (Vorsitzender Verbandsschiedsrichterausschuss des FVR) und Thomas Schmittgen (FVR-Vizepräsident Schiedsrichter): „Wir begrüßen, gerade im Amateurbereich, diese Einführung ohne Einschränkung. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass wir unsere Schiedsrichter in allen Klassen sorgfältig auf die praktische Umsetzung vorbereiten und schulen müssen. Alle Schiedsrichter, bis in die untersten Klassen, müssen verantwortlich und mit Fingerspitzengefühl bei der Anwendung vorgehen. Zu bedenken ist aber auch, dass es sich im strengen Sinn nicht um eine Regeländerung handelt, sondern die Anwendung der bestehenden Regeln wird lediglich in diesem Bereich formalisiert, und das geschieht – hoffentlich – einheitlich.
Schon immer ist ja der Spielführer im Sinn und Geist der Fußball-Regeln der ‚Helfer‘ des Schiedsrichters – und nicht der ‚Ober-Kritiker‘. Er trägt als besonderer Ansprechpartner des Unparteiischen auch eine herausgehobene Verantwortung. Alle Schiedsrichter waren schon jetzt verpflichtet, sachliche Fragen des Spielführers ebenso sachlich zu beantworten. Dass an einigen Stellen jetzt von der Einführung von ‚Diskussionen‘ zwischen Spielführer und Schiedsrichter zu lesen ist, geht nach unserem Verständnis jedoch an der Sache vorbei. Ein ‚Dialog‘ ist wohl die treffendere Bezeichnung. So hoffen wir, dass diese Neuregelung zu einem respektvolleren, sportlicheren Umgang auf dem Spielfeld und daneben beitragen wird.“