Eine kleine Regel-Revolution gab es im Jahr 2018: Konnten bis dahin sogenannte „Teamoffizielle“ – dazu gehören insbesondere Trainer, Co-Trainer, Betreuer und Physiotherapeuten – bei Fehlverhalten nur mündlich ermahnt oder aus dem Innenraum verwiesen werden, ist es seither vorgesehen, dass auch solchen Personen gelbe und rote Karten gezeigt werden können. Dies führt im Amateurbereich manchmal zu Problemen, über die sich die für Regeländerungen zuständige FIFA keine Gedanken machen musste – weil es nämlich im Profibereich keine „Spielertrainer“ gibt, während diese Konstellation in den Amateurklassen durchaus häufiger vorkommt.
Dass jemand Spieler und Teamoffizieller in einer Person sein kann, wirft hin und wieder Fragen auf, und zwar in mehrfacher Hinsicht:
Zum einen sehen die Durchführungsbestimmungen im FVR eine automatische Ein-Spiel-Sperre nach einer gelb-roten Karte nur für Spieler vor, aber nicht für Teamoffizielle, sodass letztere in solchen Fällen regelmäßig durch die zuständige Spruchkammer mit einer Geldstrafe belegt werden. Zum anderen unterliegen jedoch Teamoffizielle strengeren Regelungen bei Unsportlichkeiten: So sind Teamoffizielle zwingend mit roter Karte zu bestrafen, wenn sie in einer Unterbrechung zum Beispiel durch Festhalten oder Wegschlagen des Balles die Spielfortsetzung für den Gegner verzögern oder wenn sie reklamieren – auch ohne beleidigend zu werden – und zu diesem Zweck unerlaubt den Platz betreten. Außerdem wird nach dem Regelwerk der „ranghöchste“ Teamoffizielle mit einer roten Karte bestraft, wenn es zu groben Unsportlichkeiten (beispielsweise Beleidigungen) aus dem Bereich der Ersatzbank kommt, der Schiedsrichter aber den Urheber nicht ausmachen kann. Diese strengeren Regelungen gelten hingegen nicht für normale Ersatzspieler oder andere bereits ausgewechselte Spieler. Ich möchte daher nachfolgend auf die schon öfter gestellte Frage eingehen, wie diese unterschiedlichen Regelungen auf Spielertrainer anzuwenden sind. Dabei ist klarzustellen, dass als „Spielertrainer“ derjenige einzustufen ist, der in dem konkreten Spiel sowohl als Spieler (bzw. Auswechselspieler) als auch als Teamoffizieller im Spielbericht eingetragen ist.
1.
Recht einfach ist die Sachlage, wenn ein solcher Spielertrainer die gelb-rote Karte erhält. Unabhängig davon, ob er zu diesem Zeitpunkt selbst im Spiel mitwirkt, ob er noch Ersatzspieler ist oder bereits vorher ausgewechselt wurde: Stets wirkt diese gelb-rote Karte gegen ihn als Spieler, sodass er für das nächste Spiel dieser Mannschaft im selben Wettbewerb (Meisterschaft und Pokal) und bis zu dessen Ablauf – in Meisterschaftsspielbetrieb jedoch längstens zehn Tage – auch für andere Mannschaften gesperrt ist. Demgemäß ist diese gelb-rote Karte im Spielbericht ganz normal unter „Strafen gegen Spieler“ einzutragen; ein zusätzlicher Sonderbericht ist – anders als bei gelb-roten Karten gegen „reine“ Teamoffizielle – nicht erforderlich. Die Gelb-Rot-Sperre als Spieler im nächsten Spiel hindert ihn auch nicht daran, dort seine Aufgabe als Trainer wahrzunehmen, also insbesondere die Mannschaft zu „coachen“.
2.
Etwas differenzierter muss man die Frage sehen, wann die oben beschriebenen strengeren Regeln für Teamoffizielle auf Spielertrainer anzuwenden sind und wann nicht. Dies hängt von der Frage ab, ob der Betroffene zu diesem Zeitpunkt selbst aktiv als Spieler mitwirkt oder ob er Ersatzspieler ist bzw. bereits vorher ausgewechselt wurde:
Wirkt der Spielertrainer zum Zeitpunkt des Vorfalls selbst als Spieler mit – wozu auch vorübergehende Verletzungsbehandlungen oder beispielsweise ein Schuhwechsel außerhalb des Spielfeldes zählen –, gelten ausschließlich die Regeln für Spieler. Unsportlichkeiten wie Spielverzögerungen oder Reklamieren (sofern es nicht grob unsportlich, also zum Beispiel beleidigend, ist) werden daher genauso wie bei jedem anderen Spieler mit der gelben Karte geahndet. Der Grund liegt darin, dass durch die verschärften Regeln für Teamoffizielle die unsportliche Einflussnahme „von außen“ stärker geahndet werden soll, was nicht der Fall ist, wenn der Betroffene zu diesem Zeitpunkt selbst mitspielt. Hinzu kommt, dass der aktiv mitwirkende Spielertrainer keine Sonderrechte für sich in Anspruch nimmt; denn taktische Anweisungen darf auch jeder Spieler auf dem Platz an seine Mitspieler geben und nicht nur ein Spielertrainer. Es gibt also in dieser Konstellation keinen Grund, ihn härter zu bestrafen als andere Spieler.
Anders sieht der Fall aus, wenn ein Spielertrainer sich fehlverhält, während er sich als Ersatzspieler oder als bereits ausgewechselter Spieler außerhalb des Feldes am Spielfeldrand befindet: Hier unterliegt er den verschärften Regeln für Teamoffizielle, wird also für gewisse Unsportlichkeiten wie Spielverzögerungen oder unerlaubtes Betreten des Spielfeldes zwecks Reklamieren mit „Rot“ bestraft, während Spieler dafür normalerweise nur „Gelb“ bekommen würden. Außerdem ist er dann „ranghöchster Teamoffizieller“, der bei groben Unsportlichkeiten (zum Beispiel Beleidigungen) aus Richtung seiner Ersatzbank, bei denen der Schiedsrichter den Urheber nicht persönlich identifizieren kann, quasi „stellvertretend“ für seine Bank die rote Karte erhält. Dass der Spielertrainer in dieser Konstellation den verschärften Regelungen unterliegt, rechtfertigt sich durch zwei Überlegungen: Zum einen kann er hier auch Sonderrechte für sich in Anspruch nehmen, da er taktische Anweisungen von außen ins Spielfeld rufen darf, was andere (Ersatz-) Spieler, die sich im Bereich der Bank aufhalten, nicht dürfen – dem korrespondieren dann eben auch besondere Pflichten. Zum anderen greift hier das Argument, dass unsportliche Einflussnahmen durch Teamoffizielle „von außen“ stärker geahndet werden sollen.
Dies bedingt auch, dass ein Spielertrainer nach einer solchen roten Karte nicht mehr eingewechselt werden darf. Denn nach dem Regelwerk bedeutet eine rote Karte immer zwingend den Ausschluss für das restliche Spiel, ohne dass unterschieden wird, warum diese erteilt wurde.
Ergibt sich aber nachfolgend aus dem Sonderbericht bzw. durch die Aussage des Schiedsrichters eindeutig, dass die rote Karte in einer solchen Konstellation ausschließlich auf den verschärften Regeln für Teamoffizielle beruhte, dass der Spielertrainer diese also als „normaler“ Spieler auf der Bank nicht erhalten (sondern nur „Gelb“ gesehen) hätte, kann die zuständige Spruchkammer dies durchaus bei der Urteilsfindung bzw. der Festlegung des Strafmaßes berücksichtigen.
Zwangsläufig ist diese Konsequenz, wenn der Spielertrainer eine rote Karte lediglich „stellvertretend“ als „ranghöchster Teamoffizieller“ in seiner Coaching-Zone erhalten hat. Kann hier der Urheber der begangenen groben Unsportlichkeit auch im Nachgang nicht namentlich identifiziert werden, so ist eine persönliche Bestrafung durch die Spruchkammer nicht möglich. Vielmehr ist hier der Verein nach § 49 Strafordnung zu belangen, wenn jedenfalls klar ist, dass der Täter aus dem in § 3 Strafordnung genannten Personenkreis gekommen ist – also identisch mit dem Vorgehen bei Fehlverhalten von Zuschauern bzw. Anhängern eines Vereins.
3.
Abschließend ist klarzustellen, dass jeder Platzverweis (Rot oder Gelb-Rot) – egal ob gegen Spieler oder Teamoffizielle und egal aus welchem Grund – dazu führt, dass der Betroffene für den Rest des Spiels den Innenraum verlassen muss. Hier ergeben sich demnach keine Besonderheiten für Spielertrainer.
Und noch ein Hinweis: Erhält jemand eine Sperre ausschließlich als Teamoffizieller (Trainer), kann er das damit verbundene Innenraumverbot nicht dadurch umgehen, dass er sich dann in den vom „Coaching-Verbot“ betroffenen Spielen einfach als (angeblicher) Ersatzspieler auf den Spielbericht schreibt und als solcher auf die Bank setzt. Diese Regelungslücke, die wohl in der Vergangenheit zumindest in einem Fall ein vermeintlich findiger Trainer für sich entdeckt haben soll, ist mittlerweile in den Durchführungsbestimmungen geschlossen worden; demnach gilt eine Sperre als Teamoffizieller während ihrer Dauer auch für die Tätigkeit als Spieler. Umgekehrt bedeutet jedoch eine Sperre, die jemand als Spieler erhalten hat, in den davon betroffenen nächsten Spielen nicht automatisch ein Coaching-Verbot von außen, solange dies nicht im Urteil ausdrücklich angeordnet worden ist.
Ich hoffe, mit diesen Erläuterungen zumindest die am häufigsten gestellten Fragen rund um die regeltechnische Einordnung von Spielertrainern beantwortet zu haben.
Achim Kroth, FVR-Vizepräsident Recht