Das Thema Kopfverletzungen im Fußball bleibt weiterhin ein „hot topic“. Neben Platzwunden oder Knochenbeinbrüchen im Gesicht ist es aber vor allem die Gehirnerschütterung, die akut Probleme auslöst. Tatsächlich ist eine solche Funktionsstörung des Gehirns im Fußball nicht selten, sie wird aber wahrscheinlich zu oft übersehen oder in ihrer Gefährlichkeit unterschätzt.
Was macht denn die Gehirnerschütterung so gefährlich? Insgesamt können die Symptome und der Verlauf einer Gehirnerschütterung sehr unterschiedlich sein und auch erst etwas verzögert auftreten. Es kann zu Störungen des Bewusstseins, Schwindel, Übelkeit, Sehstörungen, Verwirrtheit und anderen Symptomen des Nervensystems kommen, die den Betroffenen akut gefährden, im Allgemeinen aber nach einigen Tagen bei entsprechender Schonung von allein abklingen. Erleidet man aber innerhalb der Erholungszeit eine neuerliche Erschütterung des Gehirns, ist eine deutlichere Verschlimmerung möglich, und es drohen auch bleibende Schäden (sog. second impact syndrom).
Um Spielern, Trainern und Betreuern mehr Sicherheit im Erkennen und Umgang mit diesen Verletzungen zu geben, ist auch der DFB bemüht, hier Fortbildungen anzubieten. So ist weiterhin auf DFB Training online und fussball.de ein kurzes Videoseminar für jedermann abrufbar unter dem Titel: „Am Kopf verletzt – was tun?“
Im internationalen Profisport werden diese Themen ebenfalls sehr ernst genommen. Gerade dieses Jahr wurden die Leitlinien für die Diagnostik und den Umgang mit diesen Verletzungen neu aufgelegt. Interessierte Mannschaftsärzte und Betreuer finden diese unter dem Suchbegriff “Sport Concussion Assessment Tool 6 (SCAT6)”.
Was ist bei Verdacht auf eine solche Verletzung auf dem Platz zu tun?
Zunächst gilt es, sich als zügig einen Überblick über den akuten Zustand des Betroffenen zu schaffen, also die Atmung, das Bewusstsein und die Orientierung zu überprüfen, gemäß der bekannten ABCD-Regel der ersten Hilfe. Achten Sie bei allen Verletzungen im Kopfbereich bitte auch auf mögliche Begleitverletzung im Bereich der Halswirbelsäule. Im Folgenden ist dann abzuklären, ob Hinweise für eine Gehirnerschütterung vorliegen, indem eine Überprüfung auf bestimmte Hirnleistungsstörungen erfolgt. Um hier schnell und sicher die richtigen Fragen zu stellen, gibt es für jedermann zugänglich das concussion recognition Tool – eine Karte, auf der der Ablauf der Untersuchung/Befragung genau (auf deutsch) beschrieben ist, sodass innerhalb von kurzer Zeit die Situation eingeschätzt werden kann. Diese sollten Betreuer bei sich führen, um im Bedarfsfall schnell sicher zu agieren.
Sollte im Rahmen der Untersuchung auch nur der geringste Verdacht auf eine Gehirnerschütterung vorliegen, ist der Betroffene sofort aus dem Spiel zu nehmen: „If in doubt, take him out!”
Lassen Sie sich hier bitte auf keine Diskussion mit dem Trainerteam oder dem Spieler ein, der die Gefahr zu Beginn vielleicht unterschätzt. Das Schiedsrichterteam sollte unbedingt das Spiel unterbrechen und ausreichend Zeit für eine entsprechende Untersuchung gewähren. Im Profibereich wurde hierfür extra die sogenannte 3-Minuten-Regel eingeführt: Das Spiel kann für drei Minuten unterbrochen werden, um eine sichere Diagnostik zu ermöglichen. Sollten schwerwiegende Verletzungen vorliegen, insbesondere auch im Bereich der Halswirbelsäule, darf der/die Spieler/in erst transportiert werden, wenn entsprechende stabilisierende Maßnahmen eingeleitet wurden.
Kein Spieler darf auf das Spielfeld zurückkehren, bevor er nicht entsprechend untersucht wurde. Da Symptome auch verzögert auftreten können, lassen Sie Betroffene bitte nach einem Kopftrauma zu keiner Zeit unbeaufsichtigt, auch eine selbständige Teilnahme am Straßenverkehr ist nicht erlaubt! Bei bestehendem Verdacht auf eine Gehirnerschütterung ist eine ärztliche Untersuchung und eine 24-stündige Überwachung im Krankenhaus angezeigt.
Rückkehr zum Spielbetrieb: Wann darf nach der Gehirnerschütterung wieder Sport getrieben werden?
Im Kasten wird eine Handlungsempfehlung über sechs Tage gegeben, nach der einen Wiedereingliederung in den Spiel- und Trainingsbetrieb erfolgen kann. Es sollte zunächst eine körperliche und geistige Ruhephase eingehalte werden, um dann die Belastung in kleinen Schritten wieder zu steigern. Treten bei Belastungssteigerung Beschwerden auf, geht man jeweils wieder eine Stufe zurück. Bei Kindern und Jugendlichen sollte man diese Phase eher auf zehn Tage ausdehnen, da hier die Erholung länger dauern kann.
1 absolute Ruhe, Sportverbot 2 leichtes kurzes aerobes Training 3 fußballspezifisches Intervalltraining 4 Mannschaftstraining ohne Körperkontakt 5 normales Mannschaftstraining 6 return to play/match |
Dr. Andreas Stühn, Mitglied der FVR-Kommission Fußball und Gesundheit