Ehrenamt klingt nach dem guten Geschirr, nach Hut und Weste, nach einer Zeit als es im Fernsehen nachts weiß rauschte. Ehrenamt klingt wie sehr lange her. Weshalb hippe Unternehmen lieber von „Volunteers“ sprechen.
Dabei bedarf es keiner Anglizismen. Etliche Beweise dafür, wie lebendig und modern das Ehrenamt tatsächlich immer noch ist, lieferte der Samstagabend im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund, wo vor 250 Gästen der Club 100 eine rauschende Party feierte. Seit 26 Jahren veranstaltet der DFB die zentrale Ehrungsfeier im deutschen Fußball.
Der DFB-Präsident selbst eröffnete den Abend, und weil man ja praktisch unter sich war, also ganz unter Fußballerinnen und Fußballern, sprach Bernd Neuendorf offen über die herausfordernde Lage. „Wir sind finanziell nicht mehr auf Rosen gebettet“, sagte Neuendorf, der vor 20 Monaten das ranghöchste Amt im deutschen Fußball übernommen hatte. „Es gilt derzeit zu sanieren, wir mussten etliche Sparprogramme auflegen. Aber für uns im Präsidium war klar, dass die Einsparungen und Streichungen nicht das Amateurlager betreffen sollen.“ Den neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte Neuendorf an dessen ersten Arbeitstag gleich mal mit auf den Amateurfußball-Kongress genommen.
Alle im Club aufgenommenen Ehrenamtler – darunter auch die Rheinländer Mirko Schopp, Thomas Schon, Udo Oster und Uschi Fuhs – durften in Begleitung anreisen. Pro Clubmitglied spendiert der DFB etatmäßig auch noch zwei Länderspielkarten. Dabei ist Deutschlands exklusivster Club nur eine Aktion des umfangreichen Portfolios, mit dem der DFB und die 21 Landesverbände das Ehrenamt würdigen. „Fußballhelden“ heißt eine jährliche Bildungsreise nach Barcelona für junge Ehrenamtler, sprich unter 30 Jahren. Als nächste Aktion folgt Anfang Dezember ein großer Aktionstag in den Bundesligastadien.
„Wie gut geht es einer Gesellschaft?“, fragte Bernd Neuendorf im Bühneninterview mit DFB-Kommunikationsdirektor Steffen Simon. Oft spielten bei der Suche nach einer Antwort nur Wirtschaftsindikatoren eine Rolle, bemängelte Neuendorf. „Für mich geht es einer Gesellschaft gut, wenn sich viele Menschen für die Gemeinschaft engagieren. Das macht für mich gesellschaftlichen Reichtum aus.“
So schlecht kann es uns also nicht gehen, denn knapp 30 Millionen Menschen engagieren sich ehrenamtlich im Land. Im Sport allein sind es 13,5 Prozent aller Ehrenamtler, der damit den größten Bereich darstellt. Als man im Sommer die Online-Plattform für Volunteers der kommenden Europameisterschaft freischaltete, meldeten sich 10.000 Menschen, die unentgeltlich beim Turnier mitwirken wollen – in den ersten 24 Stunden. Trotz Vereinzelungstendenzen und einer teils geforderten 24/7 Berufsmentalität bleibt also noch Platz fürs Miteinander.
In erster Instanz zuständig für das Ehrenamt im deutschen Fußball ist Peter Frymuth. Der ehemalige Präsident von Fortuna Düsseldorf vertritt den Bereich im DFB-Präsidium. Volle Stadien und satte TV-Quoten seien nicht genug bei der Europameisterschaft, forderte Frymuth. „Die Europameisterschaft muss auch und gerade dem Ehrenamt einen Schub geben. Dafür haben wir das DFB-Punktespiel entwickelt, mit dem unsere Vereine tolle Preise gewinnen können. Der Wettbewerb ist klasse angelaufen.“ Auch wer Kandidaten und Kandidatinnen für den Club 100 nominiert, kann Punkte sammeln. Ab dem 1. Januar beginnt bereits die Suche nach den Gästen für die Club 100-Feier im Jahr 2025.
FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer, Britta Carlson aus dem Trainerstab der Frauennationalmannschaft und Sportdirektor Andreas Rettig beschlossen das Bühnenprogramm mit einer Talkrunde, bei der es auch um den VAR, die Olympiaqualifikation und den Kölner Karneval ging. Denn der Samstagabend war eben auch der 11.11. und damit Sessionsbeginn. Und Weltmeisterkapitän Philipp Lahm, der sich per Videobotschaft beim Ehrenamt bedankte, hatte auch noch Geburtstag.
Gründe genug also, mit einem Bierchen oder einem kühlen Wasser auf das Ehrenamt anzustoßen. Genauso machte man es denn im Club 100. Und Torte gab’s auch noch.