Das Freiwillige Soziale Jahr bietet jungen Menschen die Chance, nach dem Schulabschluss praktische Erfahrungen zu sammeln. Ein Konzept, das sich insbesondere für den Sport und den Amateurfußball hervorragend eignet. fussball.de hat mit drei ehemaligen FSJlern über die Mehrwerte für Amateurvereine, ihre Persönlichkeitsentwicklung und gegenseitige Dankbarkeit gesprochen.
Etwa 80.000 Menschen sind im Rahmen der bundesweiten Freiwilligenprogramme tätig – ca. 5 Prozent davon, also etwa 4.000 Menschen, im Sport. Viele dieser Freiwilligen arbeiten im Fußball, was eine Umfrage der Deutschen Sportjugend (dsj), die großen Bundesländer wie Bayern und Nordrhein-Westfalen befragte, ergab: Etwa jede zehnte Freiwilligendienststelle ist direkt in einem Fußballverein angesiedelt. Bundesweit wären das etwa 400 Freiwillige.
Die Bundesregierung plant für den Bundeshaushalt 2024 allerdings eine Kürzung der Bundesmittel für die Freiwilligendienste von insgesamt 78 Mio. Euro pro Jahr (-23,7 Prozent). „Durch die Freiwilligendienste sammeln junge Menschen wertvolle Erfahrungen für ihren weiteren Lebensweg, sie sind ein wichtiger Baustein für ihre Persönlichkeitsentwicklung“, sagt Ronny Zimmermann, 1. DFB-Vizepräsident Amateure. „Ihr Engagement bereichert nicht nur den Fußball. Auch andere Sportarten und zahlreiche Organisationen in unserer Gesellschaft sind auf Freiwilligendienstleistende angewiesen. Dass die Politik nun die Gelder für diesen wichtigen Bereich kürzen will, ist ein fatales Zeichen.“
Eine dieser Freiwilligendienststellen gibt es in Menden, einer Kleinstadt in der Nähe von Bonn. Hier hat man das Potenzial des FSJ schon länger erkannt. Beim SV Menden ist Thorben Wildermuth aus dem Vereinsleben nicht mehr wegzudenken. Dabei liegt sein FSJ, das ihm den Weg in den Vereinsvorstand ebnete, schon einige Jahre zurück. Damals betreute er bis zu fünf Jugendmannschaften und leitete die AGs an den umliegenden Schulen. Wildermuth spürte, wie er durch sein Engagement zunehmend selbstsicherer wurde. „Das positive Feedback von Menschen, die älter als ich sind, hat mich zusätzlich angespornt“, erinnert sich der inzwischen 26-jährige Ehrenamtler.
Parallel zu seinem dualen Sportmanagement-Studium ist er heute als Sportlicher Koordinator Teil des Jugendvorstands und als Sponsoringbeauftragter im Hauptvorstand aktiv. Dabei liegt der Fokus auf der Öffentlichkeitsarbeit über die Social Media-Kanäle. Zusätzlich betreut Wildermuth die C-Jugend des Vereins. „Meine eigenen Erfahrungen an die Kinder und Jugendlichen weiterzugeben, macht mir großen Spaß“, sagt er.
Für sein vorbildliches Engagement wurde der 26-Jährige erst kürzlich mit der Marko-Tillmann-Plakette 2022 ausgezeichnet. Der Preis honoriert ehrenamtliche Arbeit im Kinder- und Juniorenfußball. Vereinsmitarbeiter des SV Menden hatten ihren Kollegen vorgeschlagen. Allen voran Maike Klemmer machte sich für die Ehrung ihres Kollegen stark, weil auch sie von den guten Strukturen profitierte, die FSJler in Menden vorfinden.
Beim SV Menden sei mittlerweile „eine Kultur des FSJ entstanden“, da der Verein jedes Jahr zwei neue freiwillig Engagierte einstellt und auch die Bewerber um die guten Rahmenbedingungen in Menden wissen. Die positiven Effekte für den Verein sind für die 22-jährige Studentin offensichtlich: Inzwischen bereits zehn FSJ-Generationen sorgen „über die Jahre hinweg für eine sehr junge und qualifizierte Trainerschaft“, die den Herausforderungen des heutigen Jugendfußballs gewachsen ist.
Die Kommunikation mit den Eltern und die Verantwortung für eine große Anzahl an Kindern sind nur zwei dieser vielfältigen Herausforderungen, mit denen sich junge FSJler konfrontiert sehen. Doch gerade diese Umstände stellen sich in den meisten Fällen als zu bewältigende Aufgabe dar, an der die jungen Persönlichkeiten wachsen können.
Die Betreuung der Jugendteams von der U 8 bis zur U 12 wird Klemmer vier Jahre nach Beendigung ihres FSJ möglicherweise nur deshalb aufgeben müssen, da ein studienbedingter Ortswechsel ansteht. In jedem Fall bleibt für sie das Gefühl, dass es sich „wahnsinnig gut anfühlt, etwas zurückgeben zu können“.
Wie vielfältig ein FSJ sein kann und dass es nicht zwangsläufig in einem Amateurverein absolviert werden muss, zeigt Jacob Wegener, der beim Fußball-Verband Mittelrhein in der Geschäftsstelle tätig war. Als er 2014 beim Verband anfing, lernte er nicht nur die Verbandsstrukturen kennen, sondern übernahm von Beginn an viel Verantwortung. Egal, ob als Koordinator des DFB-Mobils, als Trainer für das Kindertrainer-Zertifikat oder als Staffelleiter einer inklusiven Spielform, die Kinder mit Handicap in das Spiel integriert.
Neben seinem Sonderpädagogik-Studium engagiert sich der 26-Jährige auch weiterhin und ist dem Verband in vielen Funktionen erhalten geblieben. Die positiven Erfahrungen aus seiner FSJ-Zeit rufen bei ihm noch immer Dankbarkeit hervor, während die Vereine oder Verbände motivierte Mitarbeiter wertschätzen: „Es ist auf jeden Fall ein gegenseitiges Profitieren.“ Thorben Wildermuth und Maike Klemmer aus Menden würden das sicherlich unterschreiben.
Erfahrungsgemäß bewegt jeder Freiwillige in der Woche etwa 15 Stunden aktiv Kinder. Pro Gruppe sind es meist 15 Kinder. Allein durch die Freiwilligen im Fußballverein kommen so Woche für Woche 90.000 Kinderbewegungsstunden zusammen.
Ihr habt Interesse, auch in eurem Amateurverein einen FSJler oder eine FSJlerin einzustellen? Über die bundesweiten Möglichkeiten informiert die Deutsche Sportjugend auf ihrer Webseite: Alle Infos zum FSJ.