„Wir haben in allen Spielklassen zum Spenden für die geflüchteten Menschen aus der Ukraine aufgerufen, und überall im Land laden Vereine die Kinder aus der Ukraine zum Kicken ein“, sagte Bernd Neuendorf am Montagabend auf der Bühne der Sepp-Herberger-Awards in Berlin. „Der Fußball hat sich auf den Weg gemacht, bei dieser Aufgabe mitanzupacken.“
Der DFB-Präsident war am Nachmittag mit dem ICE am Berliner Hauptbahnhof angekommen und erlebte dort hautnah, wie geflüchtete Menschen ziellos aus Zügen kletterten, empfangen wurden und erste Anlaufpunkte fanden. „Dieses Engagement zu erleben, war bedrückend und ergreifend zugleich“, berichtete Neuendorf.
Das Ehrenamt war auch der Grund für Neuendorfs Zugfahrt nach Berlin. In die Hauptstadtrepräsentanz der Telekom, dort wo an Wahlsonntagen sonst Trends, Hochrechnungen und Sieger präsentiert werden, hatte die DFB-Stiftung Sepp Herberger eingeladen. Nur waren die Sieger diesmal kluge Amateurklubs – und neben der Franz Beckenbauer-Stiftung auch der Fußballverband Rheinland.
Auf den Tag genau vor 125 Jahren war auf dem Waldhof in Mannheim Sepp Herberger geboren worden. Um den Geburtstag des „Chefs“, wie ihn seine Spieler nannten, angemessen zu feiern, verlieh Deutschlands älteste Fußballstiftung die Sepp-Herberger-Awards. Und passend zu Herbergers 125. Geburtstag wurden 125.000 Euro Preisgeld an die Siegervereine und -organisationen in den Kategorien „Schule und Verein“, „Resozialisierung“, „Sozialwerk/Horst Eckel-Preis“, „Fußball Digital“, „Handicapfußball“ und „Fußball-Stiftung“ ausgezahlt.
Dabei ging der Sonderpreis „Schule und Verein“ ins Rheinland – genauer: an den Fußballverband Rheinland. Damit wird die Begeisterung für ein Projekt honoriert, das der FVR Ende des Jahres 2011 auf den Weg gebracht hat und das seit Beginn des Schuljahrs 2012/13 läuft: In 106 Ganztagsschulen des Rheinlandes starteten, zusätzlich zu bereits bestehenden Sportangeboten, insgesamt 119 Fußball-Arbeitsgemeinschaften. Dabei wurde alles Organisatorische über den FVR abgewickelt, der zudem die AG-Leiter stellte und ihre Einsätze koordinierte.
Daran hat sich – nun, mehr als zehn Jahre später – nichts geändert. Die Zahlen sind trotz Corona-Pandemie in allen Bereichen weiterhin auf einem hohen, gleichbleibenden Niveau. So konnten mittlerweile insgesamt bemerkenswerte 2013 Vereinsbeitritte von Kindern und Jugendlichen auf das Projekt zurückgeführt werden. Seit zehn Jahren sind durchschnittlich 165 AG-Leiterinnen und AG-Leiter im Namen des FVR in den Schulen im Einsatz und leisten hervorragende Arbeit.
„Wir freuen uns sehr über diese besondere Auszeichnung für unser bundesweit nach wie vor einzigartiges Projekt“, sagt FVR-Vizepräsident Udo Blaeser, der den Verband in Berlin vertrat. „Es ist ein Preis für alle am Projekt ‚Fußball macht Schule‘ beteiligten Menschen, ein Dankeschön und eine Anerkennung für zehn Jahre und mehr als 100.000 AG-Stunden erfolgreicher Arbeit in Haupt- und Ehrenamt. Die Kinder und Jugendlichen, unsere Vereine und die beteiligten Schulen profitierten und profitieren noch immer davon. Ein Dank geht auch an unsere AG-Leiter, die mit Engagement und Freude verlässlich den Fußball in die Schulen gebracht haben.“
In Berlin führten ZDF-Moderator Sven Voss und DAZN-Reporterin Christina Rann durch die knapp dreistündige Gala, in der die Gäste im Saal sowie die Zuschauer auf #dabeiTV bei MagentaTV und DFB-TV greifbar und verständlich erleben konnten, was die knapp 24.000 unter dem Dach des DFB organisierten Vereine so alles bewirken können.
Wie sehr sich die Sepp-Herberger-Awards als Anerkennung und Würdigung des Fußballehrenamts über die Jahre etabliert haben, zeigte schon ein Blick über den Festsaal. Dort saßen der UEFA-Cup-Sieger und langjährige Bundesligatrainer Ewald Lienen, die zweimalige Welt- und Europameisterin Renate Lingor, Weltmeister Pierre Littbarski, der zweimalige WM-Teilnehmer Gerald Asamoah, Bundesliga-Schiedsrichter Daniel Siebert, die zweimalige Weltmeisterin und viermalige Europameisterin Ariane Hingst sowie Bundesliga-Ikone Friedhelm Funkel. Genauso wie die stellvertretende DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich, DFB-Vizepräsident Ralph-Uwe Schaffert, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, und DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald. Alle versammelten Fußball-Persönlichkeiten aufzuzählen, bräuchte noch weit mehr Platz.
Philipp Lahm, Kapitän der Weltmeistermannschaft von 2014, übernahm schließlich die Würdigung des letzten Preisträgers. Erstmals wurde eine Fußballstiftung ausgezeichnet – die vor 40 Jahren gegründete Franz Beckenbauer-Stiftung. „Franz Beckenbauer ist die Jahrhundertfigur des deutschen Fußballs“, sagte Lahm in seiner Laudatio. „Als Spieler, Trainer und Funktionär hat er Großes geleistet. Mit der Gründung der Franz Beckenbauer-Stiftung hat er früh gezeigt, wie der Fußball der Gesellschaft etwas zurückgeben kann. Ich gratuliere Franz und seinen Mitstreitern von Herzen zum Sepp-Herberger-Award.“
Absolut nicht im Skript stand die Videobotschaft von Franz Beckenbauer, die er kurzfristig in Auftrag gegeben hatte. Ein Gruß vom „Kaiser“ als krönender Abschluss der Sepp-Herberger-Awards in Berlin. Da fehlte nur noch Frank Zander mit der ultimativen Zugabe „Nur nach Hause“.
Die Preisträger
Kategorie Handicapfußball
- Handicap Kickers Hannover
- BSV Viktoria Bielstein 1920
- Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna 1895
Kategorie Resozialisierung
- FC St. Pauli von 1910
- JVA Rockenberg / SG Melbach
- Swen Coralic (SuS Grün-Weiß Barkenberg)
Kategorie Schule und Verein
- Sportclub Lerchenberg
- Jugendfußballverein Stutensee 2012
- Sportclub Lahr
Sonderpreis Schule und Verein: Fußballverband Rheinland
Kategorie Fußball Digital
- Güstrower Sportclub 09
- SC Eintracht Miersdorf/Zeuthen 1912
- FC Teutonia 05
Kategorie Fußball-Stiftung: Franz Beckenbauer-Stiftung
Kategorie Sozialwerk/Horst-Eckel-Preis: FV Fortuna Kirchfeld/ FV Malsch 1910/ TSV Oberweier 1911