Bis zu 350 Personen dürfen in Rheinland-Pfalz im Freien auf Sportanlagen. Was für Sportler und Zuschauer wieder ein Stück mehr Freiheit und ein Stück weit Rückkehr zur Normalität bedeutet, bereitet vielen Vereinen arge Bauchschmerzen. Sie machen sich Sorgen: Was blüht ihnen, wenn sich Sportler und Zuschauer daneben benehmen und sich nicht an Corona-Vorgaben halten? Und was passiert, wenn sich Leute beim Sporttreiben oder Zuschauen mit Covid-19 infizieren? Es sind Fragen, die Rechtsanwalt Dr. Falko Zink derzeit fast täglich zu hören bekommt. Nahezu 500 Anrufe seitens Sportvereinen sind bei Zink, der die Sportbünde in Rheinland-Pfalz juristisch berät, eingegangen. Im Interview mit der Allgemeinen Zeitung Mainz nimmt Zink allen Sportlern ein wenig die Sorgen, macht aber auch klar: Grobe Verstöße können richtig viel Geld kosten.
Herr Zink, viele Vereine machen sich Sorgen und stellen sich die Fragen: Für was müssen wir geradestehen und welche Konsequenzen drohen bei Verstößen?
Die Vereine sind dafür verantwortlich, dass die Hygienekonzepte, die von Bundesland zu Bundesland variieren, umgesetzt werden, sowohl für die Sporttreibenden als auch die Zuschauer.
Was passiert, wenn Vorgaben seitens der Vereine missachtet werden?
Die Hygienekonzepte sind rechtsverbindlich. Wenn die Vorgaben nicht beachtet werden, kann dies dazu führen, dass die Verantwortlichen der Vereine und die Vereine selbst mit Bußgeldern belangt werden. Wenn die Verantwortlichen, also Vorstände oder Hygienebeauftragte, die Vorgaben einhalten und es kommt dennoch dazu, dass Dinge ausarten, haften sie nicht. Für das Fehlverhalten Dritter müssen sie nicht geradestehen. Allerdings: Sobald ein Fehlverhalten erkennbar ist, muss gehandelt werden.
Machen wir das mal an einem Beispiel fest: Bei einem Fußballspiel stehen 40, 50 Personen eng beisammen, halten die Abstandsregeln nicht ein. Bin ich dann als Verein fein raus?
Wenn der Verein klar signalisiert hat, wie die Dinge zu laufen haben – etwa durch Markierungen auf dem Boden oder Hinweisschilder –, dann sind die Personen selbst dafür verantwortlich.
Was darf ein Verein tun, wenn sich Personen auf seinem Gelände nicht an die Vorgaben halten?
Der Verein hat Hausrecht. Auch der Hygienebeauftragte kann das Hausrecht ausüben. Sprich, er muss versuchen, dafür zu sorgen, dass die Leute die Abstände einhalten. Und wenn das nicht klappt, kann er notfalls die Leute der Anlage verweisen oder die Polizei rufen. Das ist eine klare Anforderung an den Verein: Wenn Vorgaben offensichtlich missachtet werden, muss der Verein handeln.
Mit welchen Bußgeldern muss man rechnen?
Das Bußgeld für Einzelpersonen fängt bei Verstößen gegen die Maskenpflicht bei einhundert Euro an, Vereine müssen bei Verstößen hingegen sogar mit Bußgeldern im vierstelligen Bereich rechnen. Für Vereinsheime gelten die Corona-Regeln für Gaststätten.
Sind Ihnen Fälle bekannt?
Nein, nicht im Zusammenhang mit dem Sportbetrieb. Mir sind lediglich Fälle in Vereinsgaststätten bekannt, in denen die Maximalpersonenanzahl nicht eingehalten wurde. Da hat die Gewerbeaufsicht interveniert.
Was blüht mir als Verein, wenn Coronainfektionen auf Spiele oder Trainingseinheiten zurückzuführen sind? Bestehen gegenüber Vereinen dann Schadenersatzansprüche?
Generell wird schwierig nachzuweisen sein, dass sich jemand bei einem Training oder Spiel angesteckt hat. Wenn ich allerdings weiß, dass jemand mit Corona infiziert ist oder die Diagnose erst eine Woche her ist, und ich lasse denjenigen spielen oder trainieren, dann ist eine Haftung denkbar. Andernfalls ist eine Haftung so gut wie ausgeschlossen.
Welche Verantwortung tragen Trainer und Betreuer?
Wenn sie von Infektionen nichts wussten, können sie nicht belangt werden, wenn sich Sportler auf dem Platz gegenseitig anstecken. Insofern Trainer und Betreuer auf die Einhaltung von Gruppengrößen achten, sehe ich da so gut wie kein Haftungspotenzial.
Zu den Vorgaben für die Sportvereine gehört, einen Hygienebeauftragten zu benennen. Wer kann das sein, welche Verantwortung trägt er?
Theoretisch kann jeder Hygienebeauftragter sein. Er kann während Trainings oder Spielen auch wechseln. Heißt: Bei Veranstaltungen kann man sagen, dass für die ersten drei Stunden ein Übungsleiter verantwortlich ist und für die nächsten drei Stunden der Staffelstab an den nächsten übergeben wird. Wichtig ist, dass zu jeder Zeit jemand ein Auge auf die Einhaltung der Vorgaben hat. Hygienebauftragte sind weitestgehend vor einer Haftung geschützt. Damit sie haften, muss schon Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegen.
Um das Thema zusammenzufassen: Insofern sich Vereine im Zusammenhang mit Coronavorgaben keine groben Fahrlässigkeiten erlauben, müssen sie sich über Haftung keine Gedanken machen?
Korrekt. Das sage ich auch den vielen Vereinen, die mich anrufen: Wenn ihr euch an die Regeln haltet, könnt ihr wunderbar Sport treiben.
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz