75 Jahre Fußballverband Rheinland: Aus den Trümmern von 1949 entstand ein unverzichtbarer Sportverband für unser Land

Am 11. Juni 2024 wurde der Fußballverband Rheinland 75 Jahre alt. Gegründet wurde er im „Hotel Hohenzollern“ in Koblenz. Es ist unsere Zeit mit ihrer Hektik, dem täglichen Erfinden von Neuem und möglichst Sensationellem, oft auch das Raue im Umgang, das kaum Platz dafür bietet, diese siebeneinhalb Jahrzehnte seit 1949, als der Verband in Koblenz aus den Trümmern des Krieges entstand, ein wenig zu beleuchten – um zu begreifen, wie alles möglich werden konnte. Heute sind es in neun Fußballkreisen 3.577 Mannschaften (1.030 im Seniorenbereich und 2.547 bei Kindern und Jugendlichen), die in 1.023 Vereinen Fußball spielen. Rund 172.000 Menschen an der Zahl. Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Und immer noch viel zu wenige Mädchen und Frauen. Fast 1.100 Schiedsrichter gibt es. Darunter knapp 40 Frauen.

Und schon lange nicht mehr sind es nur deutsche Mitbürger im Fußball. Manche Mannschaft wäre ohne unsere ausländischen Mitbürger nicht existent. Und erst recht bereichert der Fußball der Mädchen und Frauen diesen Sport. Gerade in diesem Feld hat der Fußballverband Rheinland mit Präsidenten wie Theo Zwanziger und Walter Desch Großes geleistet. So wie der Vorsitzende des Verbandes der Jahre 1955 bis 1977 Toni Martini für das Soziale im Fußball steht. Er gründete die Soziale Sporthilfe als Netzwerk für verletzte Fußballer und half auch in der Nachsorge von schwerwiegenden Sportverletzungen.

Ein anderer Vorsitzender war Toni Kahl. Er war Fußballreporter und Kommunalpolitiker, er stand von 1977 bis 1992 für die Öffnung des Fußballs und für seine internationale Bedeutung. Die Partnerschaft mit dem ungarischen Komitat Komárom-Esztergom verbindet sich mit Toni Kahl und in der Folge mit Zwanziger und Desch. Sie haben alle verstanden, dass man sein Terrain nicht nur beschützen darf, sondern über seine Grenzen hinaus denken muss. Die Sportschule auf dem Oberwerth spielte dabei immer eine wichtige Rolle. Es waren aber nicht nur die ehrenamtlichen Präsidenten, sondern auch Geschäftsführer wie Werner Lunnebach, Michael Türk, Armin Bertsch und seit 2023 Dennis Gronau, die dafür stehen, dass der Verband seinem Auftrag, den Vereinen zu helfen und zu dienen, gerecht werden kann.

Mit Dr. Theo Zwanziger aus Altendiez stellte der Fußballverband Rheinland in den Jahren 2004 bis 2012 auch den Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes. Der größte Sportverband der Welt in der Hand eines Rheinländers. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war der sportliche Höhepunkt der Zwanziger-Jahre. Das Sommermärchen gestaltete er an der Seite von Franz Beckenbauer, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt. Die Jahre später gewünschte und notwendige Aufarbeitung der im Zusammenhang mit der WM entstandenen Vorwürfe der Korruption sind bis heute nicht vollständig aufgeklärt. Theo Zwanziger setzte sich in seinen Jahren als Präsident des DFB für den Fußball der Frauen und Mädchen wie keiner seiner Vorgänger ein, er stritt auch für den Schulfußball. Unvergessen bleibt am 15. November 2009 im Niedersachsenstadion von Hannover seine frei gehaltene Rede zum Freitod von Nationaltorwart Robert Enke. Theo Zwanziger gründete im Rheinland eine Stiftung seines Namens, aus der später „Fußball hilft!“, die heutige FVR-Stiftung wurde. Von 2011 bis 2015 gehörte Zwanziger auch dem Exekutivkomitee des Weltfußballverbandes (FIFA) an.

Zwanzigers Wirken in DFB und FVR ist von hohem Wert, frei von Konflikten war die Zeit nie. Dafür war und ist er zu sehr eigenen Prinzipien verpflichtet. Mit dem FVR hat er am Ende gebrochen, ein Zustand, der hoffentlich irgendwann einmal heilbar sein wird, weil es dem rheinländischen Fußball in seiner Gesamtheit dienen würde.

Mit FVR-Schatzmeister Dirk Janotta als Vizepräsident wirkte von 2019 bis 2022 noch einer aus dem Rheinland im höchsten Gremium des DFB. Der Winninger war für die DFB-Stiftungen verantwortlich.

Der erste Vorsitzende des Verbandes war von 1949 bis 1955 Dr. Hans Menningen. In seiner Zeit entstand die Koblenzer Sportschule. Einmal gab es einen Interimspräsidenten: Als Theo Zwanziger 2001 DFB-Schatzmeister wurde, da war der Mehringer Matthias Weber für zwei Monate an der Spitze des Verbandes. Ihn eingerechnet, hatte der Verband in sieben Jahrzehnen nur sieben Präsidenten. Und viele andere große Persönlichkeiten, die den FVR groß und wichtig machten: Georg Staudt etwa, der erste Spielausschussvorsitzende, der Koblenzer Peter Lang, die Trierer Hermann Schmitt, Bernd Münchgesang und Karl Daubach, Heinz Schwarz, der auch Innenminister des Landes war, Josef Hens, der großartige zweite Mann hinter mehreren Präsidenten, Herbert Kommer, Heinz Fink, Josef Kometz, Hans Christmann, Norbert Weise und vor allem Eduard Schneider, der Ebernhahner, der den Fußball so sehr liebte und ihm unendlich viel gab. Oder Peter Rauen, der den FSV Salmrohr großmachte. Seit 2022 gibt es eine neue Generation an Verantwortlichen im Präsidium des Fußballverbandes Rheinland.

Nur bei den Frauen mit dem SC 07 Bad Neuenahr und dem TuS Ahrbach gab es in diesen 70 Jahren Bundesligisten aus dem Verband. Und seit einigen Jahren die SG 99 Andernach in Liga 2. Bei den Männern spielten in der zweiten Liga immerhin Eintracht Trier, der FSV Salmrohr und TuS Koblenz. Im Jubiläumsjahr ist TuS Koblenz in der Regionalliga der Klassenhöchste.

Früher gab es vor allem mit TuS Neuendorf einen Verein, der zur deutschen Spitze gehörte. 1949 stand der Koblenzer Vorstadtverein im Halbfinale der Deutschen Meisterschaft. Und Eisbachtal war in der Regionalliga, damals der zweithöchsten Klasse. Nationalspieler aus dem FVR waren Jupp Gauchel, Köbes Miltz und Karl Adam von Neuendorf, der Eisbachtaler Torwart Roman Weidenfeller, der für Borussia Dortmund spielte, und der Kottenheimer Alfons Moog, der für den VfL Köln sieben Länderspiele machte. Die Mayener Winfried Schäfer und Reinhard Saftig, Jupp Pauly aus Cochem und Amand Theis aus Hellenhahn, Dieter Nüssing und Peter Hidien aus Koblenz sind weitere Namen großer Fußballer des Rheinlandes, die als Spieler und Trainer für Furore sorgten. Und natürlich Rudi Gutendorf, auch ein Neuendorfer, dessen weltweiter Einsatz als Trainer Legendenstatus hat. Und bei den Frauen haben Marion Isbert, die viel zu früh verstorbene Jutta Nardenbach und die Weltklasse-Fußballerin Célia Sasic für Glanz und Aufsehen gesorgt.

Toni Kahl und dann vor allem natürlich Theo Zwanziger, der DFB-Präsident wurde, und Walter Desch haben dem Verband im DFB ein Gesicht und viel Anerkennung gegeben. Der Hunsrücker Walter Desch war von 2001 bis 2022 so lange im Amt wie damals in den 1950er- bis in die 1970er-Jahre der Koblenzer Toni Martini, der aus Kehrig in der Eifel stammte. Desch hat diesen Verband enorm geprägt. Wäre er unumstritten, hätte er womöglich zu wenig Auffälliges zustande gebracht. Man kann ihm nachsagen, ein Multifunktionär im Sport des Landes zu sein. Aber eines ist auch gewiss: Für diesen Verband leistete er Enormes, er war für den FVR in einer schier unvorstellbaren Dauerpräsenz tätig, voller Leidenschaft, und das, was er in 21 Jahren bewegte und schuf, das kann sich wahrlich sehen lassen. 2022 folgte beim Verbandstag in Trier der Morbacher Gregor Eibes auf Walter Desch als neuer Präsident.

Der Fußballverband Rheinland darf auf sich und seine Präsidenten zu Recht stolz sein. Und was 1949 im Kleinen entstand, wurde zu einem wichtigen Teil dieses Landes. Das Sportland Rheinland-Pfalz hat der Fußballverband Rheinland wesentlich geprägt.

Hans-Peter Schössler

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